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Vollendete Autobiographien: 176
Als die Winterolympiade 1936 in Garmisch-Partenkirchen abgehalten wurde, bin ich als viertes Kind meiner Eltern in Frankfurt am Main zur Welt gekommen. Von Beginn an spürte ich den starken Zusammenhalt in der Familie. Ich fühlte mich wohl im Kreise meiner drei älteren Geschwister. Was ich aber auch spürte, war, dass sich die Umwelt veränderte. Kaum hatte ich meinen älteren Bruder Hans-Martin und meinen Onkel Erich in mein Kinderherz geschlossen, heisst es auch schon, von Beiden für immer Abschied nehmen. Sie kamen nicht mehr aus dem Krieg zurück. Das Abschiednehmen prägte meine junge Kindheit: Abschiednehmen von der Frankfurter Schule, von Schulkameradinnen, von Freunden meiner älteren Geschwister, ja selbst von der ersten Gymnastikgruppe. Von lieb gewonnenen Klavierstunden bei meiner Mutter, kurz, von allen gesellschaftlichen und kulturellen Ereignissen. Alles Verlorene prägte sich tief in mein Gedächtnis ein. In Gesprächen über die Kriegsjahre bis 1945 mit meiner neun Jahre älteren Schwester Ingeborg, bestätigte sie mir, dass meine Eindrücke und Empfindungen richtig seien. Dabei erklärte sie mir Zusammenhänge, sodass mir im Laufe der Jahre vieles verständlicher und plausibler wurde. Wie ein Vexierbild aus meinen damaligen Malheften, die sich durch sanfte Bleistiftstriche langsam entwickelten, schälten sich die Bilder der Kriegsjahre heraus und wurden oft Gegenstand von Erklärungsbedarf durch meine Eltern oder der älteren Schwester. Angeregt durch die Fragen meines sieben Jahre jüngeren Bruders Erich, der in Melbourne lebt und meines Enkels Marco, wie für mich der zweite Weltkrieg gewesen sei, fing ich an, darüber nachzudenken und beschloss, beiden zu berichten...
Man schreibt Mittwoch 12. Februar 1936, als mich meine Mutter gesund in Frankfurt am Main auf die Welt bringt. Ich bin ihr viertes Kind und in Garmisch-Partenkirchen laufen seit dem 6. Februar 1936 die IV. Olympischen Winterspiele auf Hochtouren. Die Nationalsozialisten, seit 1933 am Regieren, investieren alles, womit sie der ganzen Welt ein weltoffenes, erfolgreiches Regime präsentieren können. Dabei dient ihnen die Winter-olympiade als Probelauf für die im Juni 1936 in Berlin stattfindenden Sommerspiele. Bei der Besichtigung der neuen Schwester im Krankenhaus sagt mein zehn Jahre älterer Bruder Hans-Martin: "Die hat ja Finger wie Mehlwürmer". Und Bruder Werner, sechs Jahre älter als ich, meint: "Die bekommt keinen Mann, weil sie keine Haare hat." Die "Mehlwurmfinger" habe ich immer noch, dafür einen prächtigen Haarwuchs und obendrein seit 1961 einen gütigen Ehemann.
Ich bin in eine lebhafte Geschwisterschar hineingeboren. Lebhaft erinnere ich mich an weit zurückliegende Ereignisse, weil man sie in der Familie immer mal wieder erzählte. Nicht zuletzt auch wegen der vielen Fotos, die unser Vater von uns knipste. Sie füllen einige Alben und die Diapositive einige Bleikassetten. Als Ingeborg eines Tages die Rechnung des Krankenhauses auf dem Schreibtisch meines Vaters sieht, ruft sie erstaunt; "Was, soviel kostet das neue Baby; dafür hätte Pappi drei tolle Tretroller kaufen können." Ihr Gemüt beruhigt sie bald, denn kurze Zeit später können die drei mit ihren neuen Tretrollern im Palmengarten herumfahren.
Der Palmengarten mit seinen 22 Hektaren liegt mitten in Frankfurt und nicht weit weg von unserer Wohnung. Er bietet mit seinen Gewächshäusern und Volieren, Ruderteichen und Spielwiesen für jeden etwas. Wir betrachten ihn als Erlebnisoase, Tummelplatz und sind bei Wind und Wetter nachmittags dort anzutreffen. Unter der Matratze des Puppenwagens liegen die Karl May Bücher, darauf sitzen meine Puppen viel zu hoch und purzeln häufig auf die Strasse, wenn die Bordkante zu wuchtig angefahren wird. Liebevoll sammeln die Brüder die Gepurzelten wieder ein und weiter geht es Richtung Ziel. An unseren Hälsen baumeln Brustbeutel mit Cellophanfenstern hinter denen die Jahreseintrittskarten einsehbar sind. Die Portiers kennen uns und winken uns durch. Bevor sich meine Geschwister in die Karl May Bücher vertiefen, deponieren sie mich vor der Konzertmuschel zum Nachmittagskonzert. Ich platziere meine Puppen links und rechts von mir auf die Stühle in der ersten Reihe. Ich ermahne sie, keinen "Mucks" zu machen und aufmerksam zuzuhören. Der Konzertmeister mit seiner schönen Violine schmunzelt mir freundlich zu und der Dirigent, ein etwas korpulenter Herr, gibt mir und meinen Puppenkindern das Programm bekannt. Meine ICH jedenfalls, weil ich nicht wahrnehme, dass neben meinen Puppen und auch hinter mir Leute sitzen.
"Die Frau meinte, meine Puppen seien eben keine Arier", erinnere ich sie. "Das beruht auf einer Anordnung von Adolf Hitler. Er will, dass alle Menschen unter seiner Regierung Arier sind. Er drückt damit aus, dass keiner von einem anderen Volk abstammen darf. Hitler möchte damit die 'Arische Rasse in ganz Europa aufbauen'". "Aber", meine ich, "meine Puppen sind doch keine Menschen." "Das stimmt. Aber leider sind die Fabrikanten dieser schönen Puppen, jüdischer Abstammung. Sie dürfen diese Puppen nicht mehr fabrizieren. Sie mussten die Fabrik schliessen". "Da bin ich aber froh, dass Ingeborg und ich noch so schöne Schildkröt-Puppen haben" sage ich, rutsche vom Stuhl und sause ins Kinderzimmer. Als wir Hans-Martin von dieser Begegnung im Palmengarten erzählen, knurrt er: "Jetzt kontrollieren die Nazis schon die Kinderzimmer."
Wie ich aus Wikipedia erfahre, firmierte sich die Gesellschaft nach einem Brand neu unter der Bezeichnung 'Rheinische Gummi- und Celluloidfabrik'. Das Unternehmen wurde 1933 enteignet d.h. arisiert und ging in die I.G.Farben über.
Die Ergebnisse seiner Fotoarbeit haben die Kriegswirren in Alben und die Diapositive in Bleikassetten überlebt. Sie erinnern an unbeschwerte Jahre unserer Familie in Frankfurt am Main. Zunächst fühlen sie sich nur für mich so unbeschwert an. Immerhin verfüge ich über ein reichhaltiges Spielangebot. Ein mehrstöckiges Puppenhaus, in dem eine wohlhabende Familie wohnt, die ich neben meinen grossen Puppen gewissenhaft versorge, wobei mir meine Schwester hilft. Dann das Kasperletheater mit auf Stoff bunt gemalten Szenen zum Einhängen und einer Truppe holzköpfiger Schauspieler. Ein Spielzeugschrank mit interessanten Spielen, z.B. der Sandsteinbaukasten aus rotem Taunussandstein. Mit ihm bauen wir die schönsten Burgen und Dörfer. Hans-Martin spielt mir im Kasperletheater Grimmmärchen vor. Oder ein lustiges Stück aus dem Textbuch vom Kasper. Oft aber auch mit Bruder Werner ausgedachte Eigenproduktionen. Dann geht es ruppig zu. Das Krokodil beisst dem Kasper in die Hand, der Teufel feixt und führt mit seinem Klumpfuss einen wilden Tanz auf. Ich fürchte mich lauthals. Da erscheint das Gesicht von Hans-Martin in den Kulissen und beruhigt mich: "Du musst dich vor diesen Holzköpfen nicht fürchten".
Manchmal nerven mich meine Brüder. Besonders wenn sie die Märklin-Eisenbahnschienen von ihrem Zimmer in das Mädchenzimmer verlegen. Meistens tun sie das, wenn ich auf dem Sofa in Pappis Arbeitszimmer Mittagsschläfchen halten muss. Oft schlafe ich nur zum Schein. Ich höre das Rumpeln der Eisenbahnwagen, das Schnurren der Uhrwerklokomotiven. Flugs bin ich im Mädchenzimmer und sehe die Bescherung: Der Familienvater liegt im Backofen, die Bilder sind abgehängt, die kleinen Kinder stecken kopfüber in ihren Nachttöpfen. Das ganze Haus ist entmöbelt. Der lange, voll bepackte Güterzug schnurrt davon. Ein riesiges Durcheinander. Irgendwie, meinen die Brüder und die grosse Schwester, ist unser Vorgehen gerechtfertigt.Weil du
die dunkle Stimme der Zarah Leander. Sie singt "In der Nacht ist der Mensch nicht gern alleine" oder "Kann denn Liebe Sünde sein". Es sind Texte, die ich zwar nachsinge und heute noch weis. Aber sie
entsprechen nicht meinem Alter. Besonders gefällt mir, wenn Pappi badet. Dann hocke ich vor dem
Badezimmer und geniesse sein Trällern: "Ich hab`s Fräulein Helen baden seh`n. oder "In der Badewanne bin ich Kapitän" oder auch "Wer hat denn den Käse zum Bahnhof gerollt?" oder "Ich hab`s Fräulein Helen baden seh`n..."Weniger angenehm für mich ist das Dröhnen von Ansprachen der Regierungs-
männer. Ihre kreischenden und quakenden Stimmen verdüstern auch die Mienen meiner grossen Geschwister und zeichnen Sorgenfalten auf die Stirne meiner Eltern. Dann hole ich den Teddybär, setze ihn in meinen Lieblingssessel, drücke seine Bauchtaste und raune ihm in sein Plüschohr: "Brumme so laut du kannst, damit die da drin aufhören.
Es gibt nur eine Sorte Radioempfänger und das ist der "Volksempfänger" Er wurde von Otto Griessing bei der Firma Seibt in Berlin entwickelt und im August 1933 an der 10. Funkausstellung in Berlin vorgestellt.. Nur wenige Monate nach der Machtergreifung Hitlers kam er in alle deutsche Haushalte. Er steht fortan dem Reichspropagandaminister Joseph Goebbels zur Verbreitung flammender Reden und
Nationalsozialistischer Propaganda zur Verfügung. Sein Gehäuse, gestaltet von Walter Maria Kersting besteht aus Bakelit. Das gleiche Material wie meine grossen bunten Buchstaben, mit denen ich Wörter aus Bilderbüchern auf dem Fussboden auslege und sie nachlese. Bald kann ich schreiben. Ich beginne ein kleines Tagebuch zu führen, wie meine grosse Schwester. Darin notiere ich in grosser ungelenker Schrift die zu uns kommenden Besucher: "Tante Maria mit der gepuderten Nase", "Heute ist Onkel Mark da. Lieber wären uns zwei Mark". "Omi ist mit grossem Hut und Droschke da"...
Etwas später beginnen die Luftangriffe auf Frankfurt am Main. Ich habe grosse Furcht, fange an, mich zu empören. So empöre ich mich darüber als man mir erklärt, dass es englische Piloten seien, die Bomben über unsere Stadt abwerfen. "Ja, kann man denen nicht sagen, sie sollen damit aufhören, weil unsere Omi auch englisch spricht." Statt zur Schule darf ich in die Turnstunde. gerade gegenüber von uns werden Gymnastikstunden für Kinder abgehalten. Das macht mit viel Spass. Leider dauert dieser Spass nicht all zulange an. Nach einigen Monaten wird die Turnhalle von Uniformierten beschlagnahmt und für die Kinder geschlossen. Vom vorderen Balkon unserer Wohnung beobachte ich, wie Lastwagen vorfahren und Matratzen ausladen. Das verstehe ich nicht, weil man mir erklärte, dass da Italiener einziehen würden, wo meine Turnstunde war. Schon wieder muss ich mich empören und meine:
"Ich dachte Italiener seien Menschen und keine Matratzen." Mein grosser Bruder Hans-Martin knottert neben mir: "Die von den Nationalsozialisten propagierte Weltoffenheit verkehrt sich ins Gegenteil. Jetzt sind wir alle so offen, dass alle über uns herfallen können."
Nach einem solchen Angriff erkranke ich. Zunächst an einer Lebergelbsucht. Zu ihr gesellen sich Masern, Diphterie, ein schwacher Scharlachanfall, Keuchhusten, Mumpf und eine Mittelohrenentzündung. Unser Hausarzt scheint ratlos. Von der nahegelegenen Goethe Universität besucht mich ein Kinderarzt, verschreibt mir sehr gute Medikamente und empfiehlt Kalbfleisch mit gedämpften Gemüsen, Hühnersuppe und frisches Obst. Der gute Onkel Doktor besucht mich häufig, weil er selten einen fünfjährigen Patienten betreut, der alle Kinderkrankheiten gleichzeitig oder rasch hintereinander hat und obendrein auch im Nachbarhaus wohnt. "Alles schön und gut und ein Glücksfall", meinte Mammi.
Die Lebensmittel sind streng rationiert. Jedes Familienmitglied verfügt seit dem deutschen Überfall auf Polen am 1. September 1939 über Lebensmittelkarten mit Coupons, auf denen neben der Grammangabe auch das Produkt steht, welches man damit beim Lebensmittel-händler beziehen darf. "Dürfen ist ein frommer Wunsch", meint unser Pflichtjahrmädchen Ruth, "wenn es denn zur Verfügung stünde." Die gütige Ruth ist der Ersatz unserer langjährigen Haushalthilfe Vera. Sie musste uns schweren Herzens verlassen, weil sie bereits 25 Jahre alt ist und in die Fabrik vermittelt wurde. Die Nationalsozialisten führten bereits 1938 das "Pflichtjahr" ein. Es gilt für Frauen unter 25 Jahren und verpflichtet sie zu einem Jahr Arbeit in der Land- und Hauswirtschaft.
Avocado, Auberginen, Fenchel, Artischocken, Broccoli etc. Herr Fey ersucht meine Mutter um Rat, weil er nicht weiss, wie man diese Gemüse putzt und kocht. Er weiss aber, dass wir eine "internationale Familie" sind. Meiner Mutter sind Fenchel und Avocado und alle anderen Sorten in seinem Korb bekannt. Entsprechende Rezepte finden sich im Kochbuch ihrer Grossmutter. Sie wählt mit Herrn Fey die einfachsten Rezeptvarianten aus, lässt die Seiten hektographieren und bringt sie in den Laden, wo sie für die Hausfrauen aufliegen. "Aber woher kommt denn das Gemüse so plötzlich?" fragt meine Schwester Ingeborg, die auch noch einige Sorten erkennt. "Die kommen direkt aus Italien. Die schickt uns der Mussolini. Der schickt auch Bauarbeiter für unsere Autobahnen. Der ist ein Freund unseres Führers. Der hat mit ihm einen Pakt geschlossen. Der darf den kürzesten Weg von Italien nach Deutschland nehmen. Alles kommt in plombierten Eisenbahnwagen durch die Schweiz gerollt hier an: Gemüse, Obst, Bauarbeiter und Juden. Alles wird auf dem Güterbahnhof ausgeladen. Die Juden sofort umgeladen und nach irgendwohin transportiert." rasselt Herr Fey seinen frostigen Kommentar in unserer Küche hinunter. Dank diesem Pakt werde ich schnell gesund.
Ich fühle mich zwar besser, bin aber unterernährt. Meine Eltern schicken mich zum Aufpäppeln für einige Wochen in ein Kinderheim nach Nassau bei Limburg an der Lahn. Unter starkem Heimweh leide ich, lebe einige Tage wie in Trance, erhole mich aber rasch, weil sich ein aufgeweckter charmanter Junge um mich kümmert. Er kennt alle gängigen Schlager und Gassenhauer, die auch ich aus dem Volksempfänger quellend, auswendig kann. Er setzt sich auch ans Klavier und klimpert die Melodien dazu. Erst viel später, als der Krieg schon lange vorbei war, erfahre ich, dass der kleine Junge der Neffe eines damals berühmten Schlager- und Filmkomponisten war. Als ich vor ihm, richtig gut aufgepäppelt, gesund und munter das Kinderheim verlasse, raunt er mir ins Ohr "Du bist die Rosine im Kuchenteig meines Lebens, vergiss das nie...!"
Auf dem Heimweg besuchen wir an der Hauptwache meinen Vater in seinem Büro. Ich war schon öfters bei ihm, aber dieses Mal hat er keine Zeit für uns. Zum Trost darf ich mit dem Portier Paternoster fahren und Tante Hedwig schlägt vor, ins Goethehaus zu spazieren. Das liebe ich sehr. Goethes Papiertheater auf dem Dachboden seines Geburtshauses zieht mich magisch an. Oft hocke ich aber auch im Loch des Stammes der dicken Buche im Garten hinter seinem Haus. Sie ist übrigens neben der Musikmuschel im Palmengarten der zweite feste Warteplatz. Im "Buchenloch" hockend stelle ich mir vor, wie der junge Johann Wolfgang dichtet. "Was ich nicht weiss, macht mir nicht heiss" oder "Ein Hündlein wird gesucht das weder knurrt noch beisst, zerbrochene Gläser frisst und Diamanten sch....". Konnte er sich das alles behalten oder hat er das aufgeschrieben? Die Sensationen bilden "Hänsel und Gretel" im schönen Opernhaus (heute Alte Oper). Mammi spielt mir auf dem Klavier die wichtigsten Szenen vor und wir beide singen das hübsche Lied von den 14 Engeln. Grossen Eindruck macht mir auch "Dornröschen", der Ballettnachmittag für Kinder. Zu beiden Vorstellungen trage ich ein hübsches Samtkleid mit weissem Spitzenkragen. Genäht hat es die Hausschneiderin aus dem Rückenteil eines Abendkleides meiner Mutter. Kurz, es wird alles unternommen, mich aufzuheitern und von den Schrecken der Bomben-nächte abzulenken.
Noch eine Person sehe ich nie mehr wieder. Es ist Erich, der Bruder meiner Mutter. Er meldete sich freiwillig in die Armee, weil er den Eltern seiner Verlobten keinen Ariernachweis vorlegen kann. Er kam sofort nach Russland an die Front und ist seitdem in Stalingrad verschollen. Auch die Schwester meiner Mutter, Tante Emy, verschwand aus unseren Blicken. Sie floh aus Deutschland mit ihrem Ehemann. Da sie Anglistik und Romanistik studierte, konnte sich das Ehepaar nach Portugal durchschlagen, wo Tante Emy für eine Zeitung tätig war. Ihr Ehemann, ein Mediziner, wanderte nach New York aus um sich eine neue Existenz aufzubauen. Sie wollten nur kurze Zeit getrennt sein. Meiner Tante gelang die Ueberfahrt nach USA nicht. Sie blieb verschollen bis 1953. Auch meine Mutter konnte keinen Ariernachweis erbringen, den Hans-Martin so dringend gebraucht hätte. Er konnte als Flakhelfer, wie alle seine Klassenkameraden vom Goethe Gymnasium, in der Kaserne Bad Schwalbach sein Abitur ablegen. Er wurde von den Lehrern nach Fürstenfeldbruck oder Oberhofen empfohlen wegen seiner vorbildlichen Charaktereigenschaften. Das brachte unsere Eltern in Verzweiflung. Sie konnten den Rektor des Gymnasiums nicht davon überzeugen, dass Hans-Martin lieber Geschichte oder Jurisprudenz studieren würde als Offizier zu werden. Sie versuchten damit, den Ariernachweis zu verhindern, was ihnen nicht gelingen konnte. Denn der Grossvater meiner Mutter, also mein Urgrossvater, war jüdischer Abstammung. Er heirate eine deutsche Christin, deren sieben Kinder, darunter der Vater meiner Mutter, waren in weiser Voraussicht getauft. Allerdings nach Aufassung der Nationalsozialisten immer noch "Juden". Sie machte keinen Unterschied zwischen nationaler und religiöser Zugehörigkeit. So kam es also zur Tragik. Hans-Martin, kaum hielt er das Abitur in seinen Händen, wurde mit knapp 19 Jahren nach Erfurt verlegt, mit der Panzerfaust bewaffnet an die Ostfront nach Debrecen geschickt, um mit den Ungaren gegen die Russen zu kämpfen. Mein geliebter Bruder kam vermutlich bei der Einkesselung Budapests durch die Russen Mitte Februar 1945 ums Leben. Er ist auch bis zum heutigen Tag verschollen.
Mein Vater, ein waschechter Berliner, arbeitet auf der Commerzbank in Frankfurt am Main. Er ist Chefbuchhalter und Kassier. Zunächst als untauglich eingestuft, weil er Brille trägt. Immer mehr seiner Kollegen werden eingezogen. So betreut Pappi auch die jüdischen Bankkunden, die nach Hinterlegung einer saftigen "Ausreisesteuer" Deutschland legal verlassen dürfen. Kaum war die letzte Transaktion vollzogen - ich komme gerade aus der Schule - finde ich meinen Vater mit aufgestütztem Kopf an seinem Schreibtisch sitzen zu einer sehr ungewohnten Tageszeit gegen 13 Uhr. Denn er isst wochentags nie mit uns zu Mittag. Dafür kommt er aber bereits um 17.30 Uhr nach Hause. Zwar mit einem Packen Akten, aber immerhin mit soviel Zeit, dass er mit uns zu Nacht isst, mit uns plaudert oder sogar ein Gesellschaftsspiel spielt. Erstaunt sage ich ihm guten Tag und gebe ihm einen Kuss, frage gleichzeitig ob er Grippe hätte. "Nein, das ist es nicht. Ich muss Soldat werden und übermorgen zur Musterung einrücken. Du musst jetzt ganz tapfer sein und immer machen was Mammi zu dir sagt. Du musst in der Schule aufpassen und lernen, damit du eines Tages auf eigenen Füssen stehen kannst. Und du musst auf deinen kleinen Bruder Erich aufpassen." Es war ein schmerzhafter Abschied. Bis er 1946 aus amerikanischer Kriegsgefangenschaft zurückkehrt, ausgemergelt aber zuversichtlich.
und betrachte ihn als 'lebendige Puppe'. Alles was um ihn herum an Pflege geschieht,
nehme ich auf, übe es mit meinen Schildkröt-Puppen. Mammi kommt mit dem Baby bereits drei Tage nach der Entbindung auf eigene Verantwortung aus dem Krankenhaus. Sie erzählt uns später, dass sie im Wochenbett immer unruhiger wurde und den Gynäkologen um Entlassung bat, weil noch andere Kinder zu Hause seien. Ruth, unser gütiges Pflichtjahrmädchen, und Ingeborg, inzwischen 16 Jahre alt, betreuen das Baby und umsorgen Mammi. Gottlob ist Pappi noch zu Hause und erledigt Dinge für unsere Evakuierung und den Transport von Möbeln nach Brandoberndorf im Taunus. Eine Nacht nach der Entlassung unserer Mutter aus der Klinik, bombardieren Amerikaner und Engländer Frankfurt erneut. Dabei versinkt das Krankenhaus in Schutt und Asche. Die unruhige Vorahnung meiner Mutter bewahrheitet sich. Auch unser Haus bekommt zwei Sprengbomben ab, der Dachstuhl mit den Mansarden, wo unsere schönen Spielsachen in grossen Holzkisten aufbewahrt sind, ist völlig zerstört. Das Kasperltheater, die Märklineisenbahn, viele schöne Kinderbücher, die prächtige Kollektion unserer Fastnachtskostüme, das grosse Puppenhaus, der Kaufladen. Alles werde ich nie mehr wieder sehen. Dramatischer ist allerdings die schwere Lungenentzündung von Erich. Unser Baby bekommt nur feuchte, kalte und rauhige Luft zum Atmen. Ein neuer Arzt kam aus dem Universitätspital und brachte moderne Medizin mit. Allerdings nicht für Säuglinge. Er rechnet in unserem Badezimmer die Dosierung für Erich um und empfiehlt, Erich nicht hinzulegen sondern ihn 24 Stunden am Tag herumzutragen, Diese unermüdliche Arbeit verrichten alle in der Familie abwechselnd ausser mir.
Am nächsten Tag kommen Pappi mit Ruth aus Frankfurt nach. Ruth, Inge und Mammi gehen zu Frau Schön, der unhöflichen Vermieterin vom Vorabend. Sie ist immer noch schlecht gelaunt und verweigert die Besichtigung der Wohnung. Pappi begrüsst Frau Schön sehr höflich. Er zeigt ihr die von ihrem Mann unterschriebene Bestätigung der „Evakuations-behörde“. Sofort gibt sie uns die Hausschlüssel und führt uns in den ersten Stock. Hier befindet sich die Wohnküche, gegenüber das Badezimmer und eine Treppe höher drei kleine Mansarden und der Dachstuhl. „Wunderbar* bedankte sich Pappi. Frau Schön poltert die Treppen hinunter. Pappi ermahnt mich:“ Du musst zu ihr besonders höflich sein“ und zu Werner gerichtet: „Wenn du ihr irgendwie spontan behilflich sein kannst, dann tu es bitte“. Mammi, Ruth und Inge beraten, wie man mit so vielen Möbeln, die im Schuppen lagern, hier einziehen soll!
Statt Turnstunde erhalten wir auf der grünen Wiese Unterricht in "Fliegerdeckung". Rennen und Fallen lassen in den gegenüberliegenden Strassengraben. Die Kommandos im strengen Ton von Herrn Schüler lauten: Reinhüpfen, auf den Bauch drehen, Gesicht nie nach oben, weil es leuchtet, Ruhe bewahren, bei Entwarnung aufstehen und hinausklettern. Dreimal hintereinander, täglich bei schönem Wetter natürlich, üben wir uns in "Fliegerdeckung". Im ganzen Dorf gibt es keinen Luftschutzkeller. Ein Bunker im Wald steht nur den hier Geborenen zur Verfügung. die Neuankömmlinge, wie wir, hätten dadrin keinen Platz im Notfall, steht auf dem Zettel, der den Schulkindern verteilt wird. "Die haben ja Nerven hier", meint Werner "Geradezu unverantwortlich. die wissen sicherlich nicht, was die Bomber in Frankfurt anrichten".
Margarine und Schwimmseife
Platz für Birnen
Noch viele Kleidungsstücke unseres Vaters verwandeln sich in Eier, Butter, Milch, Honig, Speck, Zwiebeln, Kartoffeln u.ä."Was zieht Pappi denn an, wenn er wieder kommt" will ich wissen". Es sind noch viele Anzüge, Gürtel, Hemden Krawatten von ihm im Schuppen. "Er weis, was ich tue, ich schreibe ihm ins Feld".
Ruppelige Briefpost
Flugzeuge und ihr Gebrumm
Was wir aber tagsüber am hellen Himmel sehen, sind grosse Flugzeuge in hoher Höhe, die Richtung Frankfurt fliegen und laut brummen. Nachts hören wir sie auch. sie setzen Leuchtkugeln ab zur Orientierung und lassen Silberstreifen hinunter zur Desorientierung
der Fliegerabwehrtruppe überall. Die Silberstreifen sammeln meine Freundinnen ein,
Das tägliche Menue
Wir leben hauptsächlich von Kartoffeln. Wenn wir Fallobst zu Kompott kochen, gibt es Kartoffelpuffer, ebenfalls mit Malzkaffee gebraten. Ingeborg ist Meisterin in deren Zubereitung.. Sorgfältig langsam backt sie einen Kartoffelpuffer nach dem anderen und serviert sie direkt aus der Pfanne auf die Teller, damit sie heiss genossen werden können. Wenn sie wieder eine Portion beim Backen hat, schaut sie versonnen aus dem Küchenfenster den Schwarzen Weg entlang, Richtung Lederfabriken mit ihren hohen Schornsteinen. Sie lässt den Bratenwender fallen und schreit: "Eben bombardieren kleine Flugzeuge die Fabrik. Jetzt kommen sie auf uns zu". Rasch schliesst sie das Fenster und schon ballert es in unserer Nähe. Das kleine Haus hebt sich. Eine Staubwolke quillt durch die Badezimmertüre, das Haus senkt sich, der Spuk ist vorbei. Wir zittern, Erich hustet. Eine halbe Stunde zuvor, besuchte ich die Bauernfamilie neben an. Sie haben gerade ein Baby bekommen. Ich will sehen, ob das Baby hübsch ist und welche Augen es hat. Die junge Mutter zeigt mir ihren kleinen Sohn und die Grossmutter zeigt mir frisch gelegte Hühnereier. Ich denke, sie will mir ein Ei schenken. Fehlanzeige. Ich darf nur fühlen wie warm es ist. Enttäuscht verabschiede ich mich und laufe nach Hause zum Kartoffelpuffer essen.
Rechtzeitig vor dem Bombenanschlag!
Den Angriff zweier englischer Jagdflieger auf den Bauernhof neben uns, erleben wir
zitternd. Mammi mit Klein-Erich im Arm, Inge, Werner und ich eng aneinandergeschmiegt stehen im Winkel, den die zwei Hausecken bilden. Die Erschütterungen durch die Bomben auf den Bauernhof lassen unser Haus ächzend erzittern; der Fussboden hebt und senkt sich, die Treppenstufen ins Parterre scheinen zu tanzen, dichter Staub wirbelt aus allen Fugen, Fensterscheiben klirren. Wir sehen nichts mehr. Dann herrscht Totenstille. jetzt bemerken wir, dass uns selbst nichts passiert ist. Nur der Schock nistet sich in unsere Knochen.
"Wir sind noch einmal davon gekommen", brummt Werner. Langsam bewegen wir uns
Richtung Küche...Unsere Lebensgeister kehren zurück. Das Bauernhaus in dem ich zehn Minuten vorher war, steht nicht mehr! Es ist zu einem rauchenden Trümmerfeld geworden. die Grossmutter findet man da drin verschüttet, daneben die junge Mutter tot. Den Kinderwagen samt Säugling umgekippt im Misthaufen. Der weiche Fall lässt das Baby am Leben. Der kleine Junge ist der einzige Ueberlebende dieser Familie. Als ich mit meinem Mann 1980 in Brandoberndorf war erfahre ich, dass sich der kleine Junge von diesem Schrecken nicht mehr erholt habe und in seiner Entwicklung zurück geblieben sei. "Er lebt seither in einer geschlossenen Anstalt" berichtet mir die Tochter der damaligen Nachbarin.
Am nächsten Tag sitze ich nahe dem Fenster in der Schule. Wir müssen einen Aufsatz schreiben und bekommen dazu das spezielle Heft ausgeteilt. Bevor ich beginne, überlege ich mir den Verlauf. Dann schreibe ich zügig, stocke um nach dem richtigen Ausdruck zu suchen, schaue dabei aus dem Fenster und sehe zwei Jagdbomber am blauen Himmel auf die Schule zufliegen. Ich rufe Herrn Schüler. "Das sind deutsche Kampfflieger, die uns beschützen", donnert er mich an. "Aber" sage ich "das sind Engländer, sie haben den Union Jacke aufgemalt". Da knallt er mir aufs Ohr und schuppst mich in die Ecke. Dennoch lässt er alle 25 Schüler die hölzerne Treppe hinunterstürmen, aus dem Gebäude heraus und über die Strasse rennen. Alle plumpsen in den Strassengraben, bleiben dort liegen bis es rund um sie herum still wird. Instinktiv laufe ich in die andere Richtung, lasse mich in den Strassengraben fallen. unter den Aesten eines grossen Baumes liege ich da bis ich die Stimme von Werner höre, der mich nach diesem Angriff im ganzen Dorf sucht.
am Main, Mainz, Köln und alles was dazwischen liegt. Die deutsche Luftwaffe erwidert diese Anschläge auf deutsches Kulturgut unmittelbar mit Angriffen auf London!
Das ist mit der VII wirksam…“So machen wir das“ zischte Werner vor ich hin, und schloss mit „basta“! Wir leben hauptsächlich von Kartoffeln. Wenn wir aus Fallobst Kompott kochen können, gibt es aus diesen Kartoffeln Kartoffelpuffer, ebenfalls mit Malzkaffee
gebraten. Ingeborg ist Meisterin in deren Zubereitung. Sorgfältig langsam backt sie einen Kartoffelpuffer nach dem anderen und serviert sie direkt aus der Pfanne in die Teller, damit sie heiss genossen werden können. Wenn sie wieder eine Portion beim Braten hat, schaut sie versonnen aus dem Küchenfenster den Schwarzen Weg entlang, Richtung Lederfabrik mit den hohen Schornsteinen. Sie lässt den Bratenwender fallen und schreit: „Da bombardieren kleine Flugzeuge die Fabrik. Jetzt kommen sie auf uns zu. Schnell die Fenster schliessen. Und schon ballert es ganz in unserer Nähe .Das kleine Haus hebt sich, eine Staubwolke quilt durch die Badezimmertüre, das Haus senkt sich. Der Spuk ist vorbei. Wir zittern, Erich-Baby hustet. Eine halbe Stunde zuvor besuchte ich die Bauersfamilie neben an, die gerade auch ein Baby bekommen hat. Ich will sehen, ob das Baby hübsch ist und welche Augen es hat. Die junge Mutter zeigt es mir und seine Grossmutter zeigt mir ein frischgelegtes Hühnerei. Ich denke, sie will das mir
schenken. Fehlanzeige. Ich darf es nur fühlen wie warm es ist. Enttäuscht verabschiede ich mich und laufe nach Hause zum Kartoffelpufferessen. Als wir uns von dem Fliegerangriff erholt haben, schauen wir nach den anderen Häusern. Das Bauernhaus neben an steht nicht mehr, alles in rauchenden Trümmern. Die Grossmutter findet man unter ihnen. Die junge Mutter ebenfalls. Den Kinderwagen mit dem Baby drin umgekippt im Misthaufen. Der weiche Fall lässt das Baby am Leben. Der kleine Junge ist der einzige Ueberlebende der Familie. Als ich mit meinem Mann 1980 in Brandoberndorf war erfahre ich, dass sich der kleine Junge von diesem Schrecken nicht mehr erholt hat und in seiner Entwicklung weit zurück blieb.“ Er lebt seitdem in einer geschlossenen Anstalt“ erzählt uns die Tochter der damaligen Nachbarin.
Ich sitze in der Schule nahe am Fenster. Wir müssen einen Aufsatz schreiben und bekommen dazu das spezielle Heft ausgeteilt. Bevor ich beginne überlege ich mir den Inhalt. Dann schreibe ich zügig, stocke um nach dem richtigen Ausdruck zu suchen, schaue
dabei aus dem Fenster und sehe zwei Jagdbomberauf die Schule zufliegen. Ich rufe Herrn Schüler! „Das sind deutsche Kampfflieger, die uns beschützen“, donnert er mich an.„Aber,“ sage ich, dass sind Engländer, sie haben hinten den „Union Jack““. Da knallt er mir aufs Ohr und schiebt mich in die Ecke. Esvergehen einige Minuten. Dann war das Brausen der Jagdflugzeuge deutlich über der Schule und dem Dorf zu hören.
Herr Schüler kommandierte: „ Alle raus hier und in den Strassengraben“. Ein Kind rief: Aber das sind doch Deutsche.“ Wir, etwa 25 Kinder, stürmen die hölzerne Treppe hinunter, aus dem Gebäude heraus und über die Strasse, plumpsen in den Strassengraben, bleiben dort liegen, bis es rund um uns still geworden war. Instinktiv laufe ich nicht mit den anderen in die gleiche Richtung. Ich lasse mich weiter entfernt in den Strassengraben fallen. Unter den Aesten eines grossen Baumes liege ich da bis ich die Stimme von Werner höre, der mich im ganzen Dorf nach diesem Angriff suchte. Er beruhigt mich, hilft mir aus meiner misslichen Lage heraus, umarmt mich und schleppt mich eilig nach Hause.
Der Schrecken sitzt bei allen tief. Am Nachmittag erzählt uns Ruth, dass sechs Kinder tot geborgen wurden. Sie befanden sich unter denen, die alle in die gleiche Richtung zum Strassengraben liefen. Mammi beschliesst, mich nicht mehr in die Schule zu schicken und
mich selbst mit den Büchern der grossen Geschwister zu unterrichten. Das klappt hervorragend.. Auch Ingeborg und Werner fahren nicht mehr nach Wetzlar ins Gymnasium, weil Tiefflieger die Eisenbahnen beschiessen. So sind wir mit Erich-Baby alle zusammen zu Hause. Es ist ein schöner, sonniger Herbsttag 1944. Werner und ich schieben Erich in seinem Kinderwagen den Schwarzen Weg entlang. Wir sind fröhlich, weil Erich zu plappern beginnt. Er amüsiert uns mit seinen Wortkreationen. Von sich selbst spricht Erich nur per „Er“ . Wenn ER“ etwas nicht will, sagt Erich "will „ER“ nicht oder
baucht (braucht) „ER“ nicht oder - manchmal recht bestimmt: ,muuuus " (muss) „ER“ nicht. Der Schwarze Weg liegt in der prallen Sonne. Plötzlich hören wir Fliegergeräusche. Werner reisst Erich aus den Kinderwagen, kippt den Wagen um, schiebt mich, Erich
und sich selbst darunter. „Aha“, sage ich „ totale Fliegerdeckung. So sind wir im Schatten“. Nach bangen Minuten ist alles wieder still. Vorsichtig lugt Werner aus dem umgekippten Kinderwagen hervor. Eine Stimme behauptet: „Ihr seid vielleicht
Angsthasen, das war ein deutsches Flugzeug“. Wir kehren sofort um. Ingeborg und Mammi beobachteten die Szene vom Küchenfenster aus. Sie bestätigen, dass das tatsächlich eine
deutsche Maschine war, aber angeschossen. Irgendwo weit weg hätten sie eine Stichflamme gesehen als ob dieses Flugzeug abgestürzt sei. Wir erleben noch weitere Tieffliegerangriffe. Die englischen Jagdbomber, in denen nur immer ein Pilot sitzt,
beschiessen alles, was sich bewegt und fliegen so tief, dass man das Gesicht des Mannes am Steuer sehen kann. Bevor sie überhaupt zu hören sind, flüchten die Gänse und Enten aus dem Dorfteich, schnatternd rennen sie in ihre Höfe zurück. Herr Schüler, mein Lehrer, besucht uns und ordnet kategorisch an, ich dürfe nicht zu Hause bleiben, ich müsse in die Schule sonst gäbe es eine saftige Strafe. „Es herrscht Ordnung und allgemeine Schulpflicht“. Ein paar Tage später als ich aus der Schule nach Hause trottle, sehe ich auf der Dorfstrasse ein Spalier Männer mit Beilen, Rechen, Hacken, Stöcken und Peitschen. Am Anfang dieser beidseitigen Männerreihe, kommen zwei Soldaten in fremder Uniform und Kappen in der Hand. Es sind englische Piloten, die mit ihren Flugzeugen in der Nähe abgestürzt sind. Sie fürchten sich vor den Drohungen der mit Ackerwerkzeugen bewaffneten Bauern. Sie ducken sich. Sie haben Angst und tun mir leid Aber innerlich denke ich doch: ob sie die sind, meine Schulkameraden erschossen haben?“
ohne Geschenke, ohne Essen aber mit Feldpostbriefen von Hans-
Martin und Pappi. Beide sind in Ungarn. Mammi zeigt mir auf der
grossen Europakarte im grossen Atlas, wo Ungarn liegt. Sie
markiert darauf alle am Krieg beteiligten Nationen mit farbigen
Stecknadeln. In Ungarn sind viele rote und wenig schwarze Nadeln
zu sehen. Die roten Nadeln sind die Russen, welche gegen die
schwarzen Deutschen und grünen ungarischen Nadeln kämpfen,
Der Volksempfänger funktioniert nicht mehr. Stattdessen holen
sich Mammi, Werner und Inge Informationen zur Lage aus einem
modernen Kleinradio. Nur unter der Bettdecke darf man den Sender
Beromünster, Schweiz , hören und niemanden darüber erzählen.
„Das ist streng verboten“ mahnt Mammi. Es ist die einzige Quelle,
die einmal in der Woche neutral über den Stand der Dinge
berichtet“. nach diesen neuesten Meldungen rücken die roten
Nadeln immer näher an die Grenzen zu Oesterreich und
Deutschland.. „Bald werden die „Roten“ Berlin einnehmen, stellt
Werner fest. Ich darf auch zuhören unter der Bettdecke. Ich
vernehme die seriöse Stimme von Jean Rudolf von Salis und
glaube ihm sofort was er berichtet. Ahne aber nicht, dass ich ihn
40 Jahre später in Baden und beim Badener Tagblatt und auf seiner
Burg Brunegg kennenlernen werde.
Wir schreiben den 12. Februar 1945. Zu meinem neunten
Geburtstag gibt es ein schönes Geschenk und einen bleibenden
Schrecken. Mammi schenkt mir zwei Bände „Heidi“ von Johanna
Spyri. Es sind Bände, die sie als junges Mädchen 1915 geschenkt
bekam und die sich zufällig in der grossen Kiste im
Möbelschuppen befanden. Mir kommen diese Einbände bekannt
vor. Mammi sagt mir, ich hätte sie Weihnachten 1944 schon einmal
bekommen und niemand hätte Zeit gehabt mir daraus vorzulesen.
Gottlob sind sie - wie so manche andere Dinge - in die grosse Kiste
gewandert und jetzt könne ich lesen und hätte sicherlich Freude
daran.“ Tatsächlich. Ich halte eben diese beiden Bände in der
Hand. Ihre Widmung lautet: Meiner lieben kleinen Hedi.
Kriegsweihnacht 1944. Als dann meine Tochter Erika ins „Heidi-Alter“
kam, bat ich Mammi, ihrer Enkelin auch die Bücher zu widmen. Sie schrieb
unter die Widmung von 1944: Meiner lieben Enkelin Erika von
Grossmutter 1974.
In der Nacht vom 12. auf den 13. Februar 1944 wälzt sich Mammi unruhig im Schlaf, Weinkrämpfe überrollen sie. Inge und Werner versuchen, sie zu beruhigen.
Lange vergebens. Sie murmelt immer wieder etwas, was wir nicht verstehen.
Unterdessen bin ich auch an ihrem Bett. Langsam erholt sie sich, blickt uns an
und erzählt von ihrem Traum: Sie habe Hans-Martin gesehen und gespürt. Er seischwer verletzt und hätte nach ihr gerufen. So sei sie aufgeschreckt. Er habe ihr zugerufen
„es tut so weh“ und dann sei alles still geworden. Nach einer Weile sagt sie zu uns:
„Hans-Martin ist gestorben. Er kann nicht mehr nach Hause kommen“. Viel später
sprechen wir sie auf dieses Vorkommnis an. Sie bestätigt uns erneut ihre damaligen
Gefühle. „Es gibt wirklich Telepathie“ fügt sie hinzu und ergänzt, dass sie sicher
war, Hans-Martin sei gefallen. Was sich trotz Suchaktionen über das Deutsche
Rote Kreuz leider bewahrheitet.
to you“. Ausser Mammi, Inge und Werner versteht keiner, was er sagt. Niemand reagiert. Nach einer Weile sagt der Soldat auf deutsch: „Wir beschützen sie vor Hitler. Deutschland
wird kapitulieren. Wir sind von der Invasionsarmee. Wir sind in der Normandie gelandet. Wir informieren sie über das weitere Vorgehen. Bleiben sie ruhig und schlafen sie gut.“` Wir tun beruhigt, was er gesagt hat. Gehen ins Haus zurück und sind happy. Wer nicht happy ist, ist das Ehepaar Schön, unsere Vermieter. Beide sind eifrige Nazis. Beide glauben fest an den
"Endsieg". Der dicke Herr Schön, Direktor der Lederfabrik, schnaubt so wie der Panzer vorhin. „ Das lassen wir uns nicht gefallen. Wir werden uns verteidigen und schlägt die Türe zu. Tatsächlich hat er, der Bürgermeister und mein Lehrereinen Widerstandstrupp aufgebaut. Alte Männer sind es, die einige Tage danach auch Jungens im Alter von 15 Jahren, wie Werner einziehen, wollen. Mammi versteckt daraufhin Werner und behauptet, er sei in Giessen in der Schule. Sie will ihn nicht einer Sinnlosigkeit opfern. Es vergehen nur ein paar Stunden, kommt ein anderer amerikanischer Offizier mit einem Soldaten zu uns ins Haus und ordnet eine Hausdurchsuchung an. Wir müssen
alle im Hauseingang stehen. Wir sehen ins Wohnzimmer der Schöns. An der Wand hängt ein grosses Blumenbild. Der Soldat fragt Herrn Schön, wer hat das gemalt. Herr Schön zuckt mit den Schultern. Da hängt der Soldat das Bild ab, dreht es um und wir sehen Adolf Hitler auf uns blicken. „Und Sie wollen kein Nazi sein?“ zweifelt auf englisch der Offizier. Packt Herrn Schön und führt ihn ab. Wir haben Herrn Schön nie wieder gesehen. Auch der
Bürgermeister wurde inhaftiert. Von meinem Lehrer fehlt hingegen jede Spur. Die internierten Polen hingegen erfreuen sich ihrer wieder gewonnenen Freiheit. Sie singen und tanzen auf dem Schwarzen Weg. Sie bekommen Reisepapiere und verlassen das Dorf. Einige verabschieden sich von uns. Wir steckten ihnen immer wieder mal Brot und Kartoffeln durch den Stacheldraht und grüssten sie, wenn wir auf unseren Spaziergängen bei ihnen vorbeikamen.Das Nachbarhaus,die Villa des anderen Direktors der Lederfabriken,
richten die Amerikaner zu ihrem Headquarter ein. Sie suchen mit Anschlägen dringend einen Dolmetscher. Als sich niemand meldet fragen sie Mammi ob Ingeborg, 18 jährig , diesen „job“ übernehmen könne. Sie wissen genau Bescheid, wer im Dorfe wer ist, weil sie die Unterlagen aus dem Bürgermeisteramt geholt und eingesehen haben. Ingeborg versah für ein paar Wochen dieses Amt so gut sie konnte. Ihr Schulenglisch reichte zwar oft nicht aus.Sie war nützlich und wird mit Lebensmitteln für die ganze Familie honoriert. Der amerikanische Soldatenkoch bringt uns Töpfe mit Porridge, Dosen mit Truthahn, Hershey-Schokolade,Jam, Weissbrot, Erdnussbutter, Kaffee-, Milch- und Eigelbpulver. Plötzlich haben wir soviel zu essen, dass wir es nicht verdauen können. Unsere Körper sind es
nicht mehr gewohnt, fetthaltige Nahrung zu verarbeiten. Allen wird es schlecht. Wir leiden unter Durchfall und Bauchweh im Wechsel. Nur Erich-Baby bleibt putzmunter. Da wendet sich das Blatt. Ein neuer amerikanischer Kommandant befiehlt im Dorf. Er fordert uns
auf, ins Forsthaus zu ziehen, weil er das Haus in dem wir wohnen für „offices“ benötige. Also packen wir den Kinderwagen, den Bollerwagen und den Leiterwagen voll und wandern ins Forsthaus zur Försterfamilie, die uns freundlich aufnimmt. Kaum dort angekommen, ereilt uns der Befehl, doch besser in zwei nebeneinander liegende Häuser am Dorfanfang zu ziehen. Auch das erfüllen wir prompt. Als wir dort vor dem Hoftor stehen kommt ein amerikanischer Soldat und dirigiert uns erneut in anderes Haus.
Wir stehen ratlos herum. Ihr könnt hier einziehen, befiehlt der Soldat. Aber da drin wohnten schon sehr viele und konnten uns nicht aufnehmen. In dieser desolaten Situation verlangte meine Mutter eine Erklärung vom Besetzungsbüro. Ein Sergeant kommt
angefahren mit der Botschaft, wir könnten im Haus des Bürgermeisters einziehen, den die Amerikaner kurz zuvor verhaftet hatten.. Diese fünf Umzüge an einem Tag verkraften wir schlecht, schlafen aber im fremden Haus sofort ein. Da fängt es erneut an zu ballern,
Aufscheuchen deutscher Soldaten in der Nähe, sie gefangen zu nehmen,“, erklärt uns der Sergeant, der uns kurz in der Nacht informiert. Er fordert uns auf, am nächsten Morgen wieder in unser Haus zu ziehen und entschuldigt sich bei Mammi sehr höflich. „Er habe“, so sagte er, in der Zwischenzeit die Information erhalten, dass Mammis Mutter in New York geboren sei. Er schickt uns eine Unmenge Lebensmittel, verabschiedet sich von uns und ward nie mehr gesehen. Noch viele weitere amerikanische Einheiten belagern das Dorf. Jetzt können wir ungestört Radio Beromünster hören. Aber auch den amerikanischen Soldatensender auf deutsch. Eine Stimme verkündet:
Deutschland wird in vier Zonen aufgeteilt. Wir bleiben im
amerikanischen Sektor. Daran grenzt die englisch und französisch
besetzte Zone. Ab Hof bis Berlin-Ost übernehmen die Russen das
Kommando. Den grösseren Teil Berlins halten die Alliierten,
Amerikaner, Franzosen und Engländer besetzt..
In diese Neuigkeiten stürmt plötzlich mein Lehrer, Herr Schüler,
zu uns herein. Wir haben nicht mehr mit ihm gerechnet. Er hält
einen Brief in der Hand mit der Bitte um Mammis Unterschrift.
Mammi liest den Text laut vor. Darin steht, dass er mir und den
anderen Schülern ein gerechter Lehrer und kein Parteimitglied
gewesen sei.Mammi gibt ihm den Brief zurück ohne zu
unterschreiben und wünscht ihm alles Gute. Ich habe ihn nie wieder
gesehen.
Kurze Zeit später verlassen wir Brandoberndorf und wohnen in Dorlar
an der Lahn. Hier setzt sich die Geschichte meiner Kinderjahre im
Krieg bis zur Währungsreform 1948 fort.
mieten. Das neue Dorf liegt 50 km von Brandoberndorf entfernt.
Es heisst Dorlar an der Lahn. Besonders ich bin gespannt, wie denn
der Umzug mit all den Sachen im Möbelschuppen vor sich gehen
wird. Vorsichtheitshalber sammle ich einmal in einem Karton alle
Spielsachen zusammen und lege obendrauf den spärlich gefüllten
Schulranzen. Dann setze ich mich aufs Sofa in unserer Mini-
Wohnküche und lausche dem Umzugsplan unserer Mutter. Der
klingt verheissungsvoll und spannend. So wird er dann auch. Ein
rumpeliger Lastwagen mit einer viel zu kleinen Ladefläche und
einem eher schmächtigen Fahrer fährt vor. Aus der Wohnung wird
alles Notwendige aufgeladen. Mammi mit Erich auf dem Schoss
und ich eingeklemmt zwischen dem Fahrer und ihr nehmen in der
engen Kabine Platz. Schon startet der Mann und im gemächlichen
Tempo - wegen der vielen Bombenlöcher auf den Landstrassen-
bewegen wir uns Richtung "neue Wohnung". In einer Kurve
fällt ein Holzsessel von unserer Ladung krachend auf die andere
Strassenseite. Es ist mein Lieblingssessel aus Frankfurt, weil in ihm
mein Teddybär und ich den lauten Stimmen aus dem
VOLKSEMPFAENGER zugehört hatten. Der schmächtige Fahrer
bremst, steigt aus, wirft die Trümmer des Sessels nach und nach
auf die übrige Ladung und brummt:
Kurve zu scharf genommen, weiter nicht so schlimm".
der an einen runden Tisch vor dem Glashaus lernt, meint
nachdenklich: Was ihr hier lernt, trägt ein Hund auf seinem
Schwanz fort. Ihr werdet riesige Lücken zu füllen habe, wenn ihr
aufs Gymnasium kommt. Wenn, was man kaum zu glauben wagt!“
Wir beiden Mädchen sind empört und kontern: „Wie soll denn das
auch vorwärts gehen, wenn fast alle Kinder in der grossen Klasse
kaum richtig Deutsch sprechen?“ „Das weis ich jetzt auch nicht.
Aber macht Euch keine Sorgen, es wird schon wieder besser.“
Während dem wir mit meinen Puppen spielen, entwickeln Marianne
und ich die Idee, Kindern aus unserer Klasse besseres Deutsch
beizubringen. Am nächsten Tag, zeigen wir einem Lehrer unseren
Plan und erhalten die Erlaubnis.
Marianne meint, wir sollten uns nur zwei Mädchen aussuchen, die
einigermassen intelligent aussehen. Unsere Wahl fällt auf
Krimhilde von der Wolga und Uta aus Ostpreussen. Die Beiden
kommen gerne unserer Einladung nach. Anhand von einem
bebilderten Märchenbuch der Gebrüder Grimm, üben wir mit
ihnen Zuhören und in besserer Aussprache Nacherzählen. Eine
Methode zu der uns Werner geraten hatte. Wir vier verbringen
fröhliche Stunden im Glashaus, wobei das Spielen nicht zu kurz
kommt. Krimhilde entlockt der alten Blockflöte hübsche Melodien
und so kommen wir auf die Idee, eine Theatervorstellung zu geben
und auch die anderen Schüler und Lehrer einzuladen. Wir sind
voller Enthusiasmus, werden aber ziemlich bald gebremst. Frau
Gille, die Vermieterin, verbietet uns das Glashaus zu benutzen, weil
sie darin wieder Gemüse anpflanzen lassen will. In der Schule
herrMit Marianne erledigen wir unsere Hausaufgaben im Nu. Werner,
der an einen runden Tisch vor dem Glashaus lernt, meint
nachdenklich: Was ihr hier lernt, trägt ein Hund auf seinem
Schwanz fort. Ihr werdet riesige Lücken zu füllen habe, wenn ihr
aufs Gymnasium kommt. Wenn, was man kaum zu glauben wagt!“
Wir beiden Mädchen sind empört und kontern: „Wie soll denn das
auch vorwärts gehen, wenn fast alle Kinder in der grossen Klasse
kaum richtig Deutsch sprechen?“ „Das weis ich jetzt auch nicht.
Aber macht Euch keine Sorgen, es wird schon wieder besser.“
Während dem wir mit meinen Puppen spielen, entwickeln Marianne
und ich die Idee, Kindern aus unserer Klasse besseres Deutsch
beizubringen. Am nächsten Tag, zeigen wir einem Lehrer unseren
Plan und erhalten die Erlaubnis.
Marianne meint, wir sollten uns nur zwei Mädchen aussuchen, die
einigermassen intelligent aussehen. Unsere Wahl fällt auf
Krimhilde von der Wolga und Uta aus Ostpreussen. Die Beiden
kommen gerne unserer Einladung nach. Anhand von einem
bebilderten Märchenbuch der Gebrüder Grimm, üben wir mit
ihnen Zuhören und in besserer Aussprache Nacherzählen. Eine
Methode zu der uns Werner geraten hatte. Wir vier verbringen
fröhliche Stunden im Glashaus, wobei das Spielen nicht zu kurz
kommt. Krimhilde entlockt der alten Blockflöte hübsche Melodien
und so kommen wir auf die Idee, eine Theatervorstellung zu geben
und auch die anderen Schüler und Lehrer einzuladen. Wir sindscht Unruhe, weil viele Kinder vom Roten Kreuz in
Kinderheime abgeholt werden. Darunter sind leider auch Krimhilde
und Uta. Einige Tage später erfährt Marianne von ihrer Tante, dass
die Basler Mission ihre Eltern ausfindig gemacht habe. Marianne
packt ihre Habseligkeiten zusammen und reist nach Basel. Sie teilt
mir auf einer Postkarte mit, dass ihr Vater eine Mission in Kenia
übernimmt und sie alle bald nach Nairobi aufbrechen werden.
Weder Marianne, noch Krimhilde oder Uta habe ich in meinem
Leben nie wieder gesehen.
empört ist die Tatsache, dass die hessischen Bäuerinnen im Dorf jeden Freitag im Backhaus feine Sachen backen. Da riecht es verführerisch nach frischem Brot und Zwiebelkuchen. Ich komme über einen Umweg von der Schule am Backhaus vorbei und sehe die Mutter eines Klassenkameraden. Sie winkt mir zu und ich hoffe,dass sie mir ein Stück Brot oder sogar einen Happen Zwiebelkuchen geben will. Fehlanzeige: Sie beschwert sich bei mir, dass ich an der letzten Prüfung ihren Buben nicht habe abschreiben
lassen. Er sei deshalb mit einer schlechten Note nach Hause gekommen. Erstaunt will ich ihr erklären, dass Abschreiben verboten sei und es mir leid tue, dass Fritz eine miese Note erhalten habe. Da droht sie mir mit einer Ohrfeige. Ich ducke mich weg und höre wie sie hinter mir herruft: „Fremdes Saupack, Ostdeutsches! „Ich bin aus Frankfurt am Main und wie Sie eine Hessin!“Schrei ich zurück und laufe weinend und enttäuscht nach Hause.
Eine Stunde später steht die Bäuerin beschämt vor unserer Haustüre. Unter ihren Armen klemmen zwei Brotlaibe und beide Hände halten ein grosses Blech mit Zwiebelkuchen. „Die Pferde sind mit mir durchgebrannt“ entschuldigt sie sich bei Mammi, übergibt ihr alles und verabschiedet sich sofort. Diese Gaben verspeisen wir mit viel Genuss. Schon lange hatten wir nichts vergleichbar Gutes. Weniger angenehm war am nächsten Tag für
unsere Mutter das Gespräch mit der MP, der Military Police, wegen der nächtlichen Ruhestörung der beiden soldiers vom camp auf der gegenüberliegenden Seite der Lahn.
Es war nicht für meine Ohren bestimmt, aber so viel konnte ich doch durch Fragen an meine älteren Geschwister herauskriegen, dass Frau Gille in Wetzlar ein Lokal betreibe, indem sie junge Mädchen hält, die sich mit Männern aller Art die Zeit vertreiben. Dabei haben sich die beiden amerikanischen Soldaten mit „Grippe“ angesteckt und wollten deshalb Frau Gille killen. „Gut sind sie vor der Türe geblieben“ beruhige ich mich. Viel Jahre später erklärte man mir den tatsächlichen Sachverhalt. Der MP Offizier lässt uns zur Entschuldigung immer wieder Lebensmittel zukommen. Ingeborg und Mammi haben Mühe zu entziffern, was auf den Konservenbüchsen steht und andererseits keinen geeigneten Büchsenöffner, die gewaltigen Dosen zu öffnen. Hersheyschokolade, Kaugummi, Kakaopackungen, Corned Beef, Turkey, Eigelb- und Milchpulver, Kaffeepulver, Tea und Cookies.
Meistens nachmittags, gehe ich mit Klein-Erich runter auf den
Mühleweg und bringe ihm bei, mit seinem Holzdreirad zu lenken
und die Richtung zu halten. Wir setzen uns auf die Bank bei der
Lahnbrücke, spielen mit den schönen Kieselsteinen. Ich bringe ihm
das Zählen bei: Eins, zwei drei. Bei jeder Zahl lege ich ihm einen
Kieselstein auf die Bank. Nach einer Weile macht er das selbst und
beginnt seine Finger abzuzählen. Ich ergänze auf fünf. Er findet das
lustig und zählt auch meine Finger nach. “Kluges Kerlchen“, lobe
ich ihn und schiebe ihm ein Stückchen Apfel in den Mund. Da
rumpelt ein altersschwacher Holzbauernwagen mit einem
klapprigen Pferd vorne dran über die Lahnbrücke. Wir schauen zu,
wie der Bauer wohl das Fuhrwerk einiger massen sicher auf der
Spur halten wird. Im Flimmern des Sonnenlichtes auf dem Asphalt
bemerke ich ganz weit hinten eine Gestalt. Sie wird von einem
amerikanischen Militärlastwagen überholt und ist wegen aufwirbeln-
dem Staub wie von der Bildfläche verschwunden. Nach einer
Weile taucht sie wieder auf. Schwankend kommt eine Figur immer
näher, die in einem deutschen Militärmantel gekleidet ist. Ich
erkenne schwere Schuhe und eine schräg sitzende Mütze auf ihrem
Kopf. Ihr schwerer, schwankender Gang hält auch nicht die Spur
so wie der Bauernwagen, der ihr jetzt begegnet. Dennoch scheint
sie zielstrebig zu sein, denke ich. Kaum ist diese merkwürdige
Gestalt aber auf der Brücke, erkenne ich sie. Es ist Pappi, ruft es in
mir. Oder ein Schatten seiner selbst? Oder eine Fata Morgana?
Ich setze Klein-Erich auf die Kieselsteine vor die Bank und renne
der Gestalt entgegen. „Hedi, du hier?“ Die Gestalt schliesst mich
in seinen übelriechenden Militärmantel und lässt mich nicht mehr
los. Ich rappele mich aus dem Mantel und zeige Richtung Bank,
wo Klein-Erich auf den Kieseln hockt. „Wir müssen zu ihm.“
Pappi hebt mich wieder hoch und trägt mich auf die Bank zu, lässt
sich erleichtert nieder und schaut auf den kleinen Jungen am
Boden. „Ist das Erich-Baby?“ Pappi erlebte die Entwicklung von
Erich drei Jahre lang nur über Fotos. „Wo wohnt ihr? Ist es
noch weit? Wo ist Mammi? „ Ich beantworte ihm alle Fragen,
beruhige ihn und versichere, dass alle gesund und munter seien.
Der Weg zur Wohnung sei nicht weit. Er solle sich doch erst einmal
ausruhen, etwas trinken und die Apfelschnitze essen. Alles tut
Pappi bereitwillig. Er ist froh, ein wenig bemuttert zu werden. Zwei
Familienmitglieder unverhofft plötzlich wiederzusehen strengt an,
denke ich. Was wird er wohl empfinden Mammi, Inge und Werner
anzutreffen? Nach einer Weile, er ass die Apfelschnitze genüsslich,
erholte sich sichtlich und wir nahmen den kurzen Weg nach Hause
unter die Füsse. Erich klammerte sich verunsichert an mich.
Wir stapfen die vielen Treppen durch den schönen Garten langsam
hinauf. Auf halber Höhe ruf ich Mammi. Sie kommt auf die
Terrasse, sieht die Gruppe und traut ihren Augen nicht. „Wen habt
ihr denn da mitgebracht?“ lacht sie herzhaft und rennt Pappi in die
Arme. Als Inge und Werner aus der Schule kommen, können die
beiden es kaum glauben, dass Pappi aus dem Krieg abgemagert,
erschöpft aber glücklich zurück ist. Er erzählt, dass er aus Ungarn
immer Richtung Westen mit seinen Kameraden und dem Funkgerät
abkommandiert worden sei um den Vorgesetzten zu funken, wie die
Lage am Plattensee Richtung Budapest sich entwickle. Das
Funkgerät empfing störungsanfällige Funksprüche, sodass Pappi
und seine Gruppe dem Offizier nur noch mitteilen konnten, keinen
Empfang mehr zu haben und ihm um weitere Befehle bat. Sie
warteten ab, ob sie in diesem Chaos jemanden antreffen würden,
der ihren Vorgesetzten kennt oder der ihnen eine Befehl erteilt.. Sie
nahmen das Funkgerät als Alibi auf ihren Marsch Richtung Wien
mit um zu demonstrieren, dass sie immer noch auf einen
Befehl warteten. Er berichtet, dass er schlussendlich in
amerikanische Kriegsgefangenschaft gekommen war und in Linz
stationiert wurde. Dann verschob man ihn mit zehn anderen
deutschen Soldaten nach München, wo seine Entlassung erfolgte.
Die Amerikaner suchten Leute mit Spezialberufen, Aerzte, Juristen,
Wirtschaftsleute, prüften diese auf Herz und Nieren. Sie
versicherten in Einzelgesprächen mit ihnen, gerecht vorzugehen
und gaben zu, dass sie zum Wiederaufbau Deutschlands Experten
bräuchten. Auch auf Grund von Pappis Weigerung, in die NSDAP
einzutreten hatten sie Beweise und verfügten auch bei allen
Ausgesuchten über deren beruflichen Werdegang. Ausserdem war
es den Amerikanern bekannt, dass Pappi mit einer „Vierteljüdin“
verheiratet, deren Familie in Hanau harten Schikanen sowie
Internierungen in KZs ausgesetzt waren. Sie entliessen Pappi
mit dem Versprechen, sich auf der amerikanischen
Kommandatur innert vier Wochen zu melden und stellten ihm ein
Zuweisungspapier nach Brandoberndorf aus, unserem letzten
Wohnsitz.. Pappi erzählt, wie erschüttert er die zerstörten Städte kaum noch
erkannte, sich zu Fuss, per Anhalter auf Pferdefuhrwerken, irgendwelchen Karren
und alten Autos, mit Holzvergasern, mühsam nach Brandoberndorf durchkämpfte.
Dort angekommen war seine Enttäuschung über unseren Wegzug bitter.
Die Feldpostbriefe von Mammi erreichten ihn in Ungarn nicht
mehr. Das Headquarter war in dem Haus eingerichtet, in das wir
in Brandoberndorf aus Frankfurt evakuiert, wohnten.
Dort teilte man ihm unsere neue Adresse mit und gab ihm bis
kurz vor Dorlar eine Mitfahrgelegenheit auf einem amerikanischen
Lastwagen. Der Fahrer erhielt unterwegs die Order, einen anderen
Weg einzuschlagen, sodass Pappi zu Fuss weiter ging. Er fragte in
einem Bauernhaus nach einer Landkarte. Die Leute wurden misstrauisch deshalb
zeigte Pappi ihnen seine amerikanischen Entlassungspapiere.
Daraufhin legten sie ihm eine Karte vor, auf der er den Weg nach Dorlar verfolgen konnte.
bald sein Ziel erreicht zu haben, auf die rund 10 km lange
Schlussetappe zu uns
unzerstörte Häuser nur wenige Male. Zerstörte Strassen, unerhört
riesige Trümmerhaufen viele Male. Die Strassenbahn bringt uns
rumpelnd nach Zuffenhausen. Hier wohnen wir bei Familie Muck,
einem Möbelfabrikanten, dem ersten Klienten meines Vaters für die
neue Zweigstelle. Die beiden gemütlichen Mucks nehmen uns in
einer leer stehenden Büroetage auf und möblieren uns mit allem
was noch da ist und nötig ist. Wir fühlen uns sofort wohl. Pappi
zeigt uns im Stadtzentrum seine Büros, die früher eine
Anwaltskanzlei waren. Deren eingebaute Möbel schreinerte damals
die Firma Muck. Wir finden die Räume etwas überdimensioniert,
aber Pappi meint, die werden wir noch alle füllen.
„Kennen die Stuttgarter keine Paternoster? frage ich und bemängele
den klapprigen Aufzug in den vierten Stock des Wilhelmbaus, wo
sich die neue Filiale der Düsseldorfer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft
befindet. "Die sind verboten", informiert mich Pappi.
Du kannst jetzt alleine den Aufzug benutzen und erinnert mich sanft an meine
Wir besuchen sogar das allererste Nachmittagskonzert im Hotel Zeppelin.
Wir sind begeistert über die rassige Spielweise des Orchesters Montovani,
Am liebsten würde ich jeden Nachmittag dahin gehen. Aber alleine darf
ich nicht. Ausserdem gibt es noch andere Dinge zu erledigen.
Zum Beispiel eine Schule für mich zu finden. Da fast alle kaputt sind,
dauern die Ferien bedeutend länger als üblich.. Inge und Werner ergeht es ähnlich.
und alle leere Blätter vollmalt, deren er habhaft wird. Weil wir keinen Ball
haben, spielen wir mit grossen Kartoffeln Rollball, eine Abwandlung von
Boccia, wie ich später feststelle
Was uns alle zermürbt, ist, kein Ahnung über den Verbleib von Onkel Erich und
Tante Emy Langerhans (die Geschwister meiner Mutter) und unserem Bruder
Ueber Verbindungen von Trudel zu amerikanischen Verwandten erfährt sie, dass Emy, die Schwester unserer Mutter, in Spanien lebt ohne ihren Mann. Von Hans-Martin und Onkel Erich ist ihr und anderen Verwandten nichts bekannt.
Trotzdem kommt es im Deutschunterricht zu komischen Situationen. Wir werden aufgefordert, Wörter mit X zu nennen. Das funktioniert auch relativ gut, wenn man bedenkt, dass die schwäbische Aussprache viele X-Laute benutzt. Nach einer Weile des Nachdenkens verkündet mein Banknachbar neue X-Wörter: Xaver, Xsangbuch, Xselsbrot und Xsundheit. Prima, lobt ihn der Lehrer. "Aber leider stimmt nur der Xaver". Ich frage, was denn Xsangbuch und Xselsbrot seien. Alle lachen mich aus und meinen, dass ich doch keine Deutsche sei. Zu meiner Ehrenrettung übersetzt mir der Lehrer, Xsangbuch mit Kirchenge-
sangbuch und Xselsbrot mit Marmeladebrot. Xsels sei mittelalterlich und meint Eingekochtes. Also Obst wird zu Marmelade gekocht, kommt aufs Brot, was dann kurzer hand zum "Xselsbrot" wird wegen der eingekochten Träuble. Was ist das für ein Obst möchte ich wissen. Ach so! Träuble sind Johannis- oder Stachelbeeren. Der Lehrer will im Gegenzug von mir wissen, welche X-Wörter ich vorzuschlagen habe. Mir fallen ein: Xantippe, Xanten, Xerxes Daraufhin muss ich den Kindern erklären, was diese Wörter bedeuten: Nun Xantippe war die zänkische Frau vom Sokrates, Xanten ist eine deutsche Stadt am Niederrhein römischer Gründung und Xerxes war ein persischer Feldherr. Stetig hole ich meine schulischen Lücken auf und lerne nette Kinder kennen. Werner spielt im Schultheater mit und ich singe
im Gesangsverein. So nehmen wir beide am Esslinger Kulturleben teil, das sich langsam etabliert.
Die Die Tageszeitung berichtet von der Koreakrise, die sich dann gottlob für Europa nicht dramatisiert. Bald werden die Verordnungen aufgehoben und die Schule geht weiter. Mammi und Werner kommen erschöpft von Dachau zurück. Beide sind niedergeschlagen, enttäuscht und sehr sehr traurig, dass Hans-Martin sich nicht unter den Insassen befand. Lange noch rätselten wir, wie es zu dieser Radiomeldung kommen konnte. Bis heute ist es nicht aufgelöst worden.
An Wiederaufbau war ohne die grosszügige Wirtschaftsförderung der USA nicht zu denken.
Von 1948 bis 1952 pumpen die USA 142 Milliarden Dollar in den "alten Kontinent" unabhängig davon ob sie Kriegsbefürworter-oder Gegner gewesen waren. So entwickelt sich aus diesem zaghaften Pflänzchen ein innovatives Industrie- und Handelsgebiet. Eine Umstellung von Reichsmark in Deutsche Mark ist unumgänglich. Am für mich geheimnisvollen Tag X erhielt jeder Bürger DM 40,-- unter Vorweisung seines Personalausweises und strenger Registrierung. das waren die einzigen Stunden, an denen alle Deutschen, vom Baby bis zum Greis, gleich reich waren! Mein Vater nimmt mich mit
zu diesem historischen Augenblick im Rathaus von Esslingen am Neckar. Wir laufen gemächlich los und ich klappere in meinen Holzpantinen neben ihm her. Der Schreiner hatte sie mir gezimmert und mit Sohlen aus abgefahrenen Autoreifen "stumm gemacht". Sie haben rote Halteriemen, die mir gefallen. Mir passen meine Schuhe nicht mehr. Diejenigen meiner älteren Geschwister sind noch zu gross.
Den Spaziergang in die Stadt mit meinem Vater werde ich nie vergessen. Er führt uns durch die Esslinger Pliensau-Strasse an allen Läden vorbei, deren Schaufenster entweder verhangen oder mit Blumen und Pflanzen dekoriert sind. Nur im Fenster des Pralinenladens von Jochen Heesch, einem Schauspieler, sehen wir uns vertraute Packungen der Firma Sarotti.
"Das sind Holzattrappen, aber immerhin schon eine kluge Werbung", erklärt mir Pappi. Nach eine Weile setzt er hinzu: "Du wirst heute ein Wunder erleben. Wenn wir nach dem Mittagessen im "Wilden Mann" zusammen mit Werner und Mammi durch die Pliensau-Strasse laufen, werden alle Schaufenster ein neues Angebot zeigen". Ich schüttele mich innerlich, obwohl ich natürlich recht gespannt darauf war, was das wohl für ein Wunder sein soll. Wir tauschen im Esslinger Rathhaus die abgegriffene Reichsmark gegen das "Neue Geld" um, das sich im Dollarformat farbig knisternd präsentiert beim Nachzählen.
Mit dem neuen Geld in Pappis Aktentasche machen wir uns auf den Weg ins vereinbarte Restaurant. Dort treffen wir auch die Cousine von Mammi, Erica von Reitzenstein, die bei den Württembergischen Landesbühnen Bühnenmeisterin ist. Ich erzähle ihr, dass nur der Schokoladenladen von Jochen Heesch hübsch dekoriert sei. Sie schmunzelt und erzählt. dass diese Dekoration ihr erster Auftrag in DM sei, die sie nachdem Mittagessen gleich mal abholen werde. "Ich nehme dich mit, Jochen gibt dir Schokolade und dann kannst du auch gleich noch ins Schuhgeschäft gegenüber." "Aber die haben keine Schuhe für mich, das Schaufenster ist leer". Pappi tröstet mich: "Ich versprach dir, dass du heute ein Wunder erleben wirst. Nachdem Besuch bei Jochen Heesch kaufen wir dir Schuhe." Tatsächlich. der Laden war voller Schuhkartons. Die Verkäuferin kennt uns sehr gut und kommt nach einem Augenblick mit drei Schuhschachteln im Arm zu mir. Alle Paare passen wie angegossen. Es sind Stiefel zum Wandern und für Regenwetter, Sommersandalen sowie normale Halbschuhe.
Ein wahres Wirtschaftswunder!!!
Beim Aufzeichnen meiner Kindheit von 1936 bis 1948 stelle ich fest,
dass sich der laute Ruf "Nie wieder Krieg" leider nicht erfüllt hat.
Die schon längst verödet geglaubten Angstgefühle aus meinen
frühen Kinderjahren stiegen in mir hoch. Ich musste mich selbst disziplinieren.
Mein Mann half mir dabei. Aber er gab zu, auch in ihm regten sich die
1956 in Budapest erlebten Bilder und Ereignisse wie ein Film..
Seit Beendigung des Zweiten Weltkriegs sind weltweit bis heute um die
230 Kriege geführt worden. Die meisten von ihnen als sogenannte
Stellvertreterkriege auf fremden Territorien. Und heute?
Ueberfällt der russische Staatspräsident Wladimir Putin mit
tschetschenischen Soldaten skrupellos die Ukraine. Noch dazu ein
Brudervolk! Millionen Menschen sind in Zentraleuropa vor einem
Europäer auf der Flucht.. Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen.
Diese Situation ähnelt unheimlich derjenigen, die Adolf Hitler am 1.September 1939
mit deutschen Soldaten in polnischen Uniformen inszeniert hat, wobei er
zynisch verlauten liess, ""Es werde seit 5.45 Uhr zurückgeschossen."
Geschichte wiederholt sich leider doch. Nur mit noch schlimmeren Waffen.
Das menschliche Elend, die sie verursachen ist unverzeihbar.
Eine Apokalypse, angezettelt von einem machthungrigen Staatspräsidenten, der im
19. Jahrhundert zu leben scheint und sich das "Grosse Russische Reich" zurück träumt...
Wie wird dieser bedrohliche Konflikt wohl enden?
Daneben breitet sich das Corona Virus weiter aus. Es bleibt zu hoffen, dass sich die unverbesserlichen Nichtimpfer zur Injektion bewegen lassen um wenigstens diese
Gefahr einzudämmen, was Dank wissenschaftlicher Forschung auch gelingen
wird.