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Von Bettina Imhof "sollte, hätte, könnte, würde, machen!"
Es werden nur Texte von über 10 Internet-Seiten publiziert.
Zurzeit sind 520 Biographien in Arbeit und davon 291 Biographien veröffentlicht.
Vollendete Autobiographien: 176
 
Bettina Imhof
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3.2.
Meine Grosseltern / 19.11.2020 um 9.24 Uhr
2.2.
Meine Eltern / 30.12.2020 um 13.22 Uhr
1.
Erste Erinnerungen und Kindheit / 25.01.2021 um 16.03 Uhr
3.3.
Meine Grosseltern / 25.01.2021 um 16.14 Uhr
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Worauf ich stolz sein darf / 07.02.2022 um 9.30 Uhr
1.
Erste Erinnerungen und Kindheit / 07.06.2023 um 17.28 Uhr
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1.
Erste Erinnerungen und Kindheit
2.
Meine Eltern
2.1.
Meine Mutter
2.1.
QX Was fällt dir als erstes ein, wenn du an deine Mutter denkst?
2.1.
Gibt es ein bestimmtes Bild früheren Glückes, das dir im Zusammenhang mit der Mutter in den Sinn kommt?
2.1.
Woher stammt deine Mutter? Was weisst du über ihr Leben? Wie hat sie den Krieg erlebt?
2.1.
Wie würdest du sie beschreiben?
2.1.
Wie hast du sie als Mutter empfunden?
2.1.
Was waren ihre herausragenden Eigenschaften?
2.1.
Was habt ihr alles zusammen unternommen?
2.1.
Hast du dich an deine Mutter gewandt, wenn dir etwas auf dem Herzen lag? Woran erinnerst du dich speziell?
2.1.
Welches war der Beruf deiner Mutter, bevor sie heiratete? Hat sie diesen Beruf auch nach der Heirat ausgeübt?
2.1.
Hatte sie Hobbies oder Leidenschaften? Was konnte sie besonders gut? Was machte sie besonders gern?
2.1.
Wie haben sich die Eltern kennen gelernt?
2.1.
Wie kleidete sie sich? War ihr das wichtig?
2.2.
Mein Vater
2.2.
Mein Vater
2.2.
Mein Vater
3.
Meine Grosseltern
3.1.
Mein Grossvater väterlicherseits
3.1.
Was sind deine Erinnerungen an diesen Grossvater?
3.1.
Was weisst du noch über das Leben und die Lebensumstände deines Grossvaters? Wie war das z.B. im Krieg/in den Kriegen?
3.1.
Was habt ihr zusammen unternommen?
3.1.
Was für Selbstzeugnisse oder Objekte über deinen Grossvater existieren noch? Was bedeuten sie dir?
3.1.
Was war seine berufliche Tätigkeit?)
3.1.
Erinnerst du dich an seinen Tod?
3.1.
Wie hat er im Alter gelebt?
3.1.
Erinnerst du dich an Personen, die im Leben deines Grossvaters eine wichtige Rolle, positiv oder negativ, gespielt haben?
3.2.
Meine Grossmutter väterlicherseits
3.2.
Was sind deine Erinnerungen an diese Grossmutter?
3.2.
Was weisst du noch über das Leben und die Lebensumstände deiner Grossmutter? Wie war das z.B. im Krieg/in den Kriegen?
3.2.
Was habt ihr zusammen unternommen?
3.2.
Was für Selbstzeugnisse oder Objekte über deine Grossmutter existieren noch? Was bedeuten sie dir?
3.2.
Was war ihre berufliche Tätigkeit?
3.2.
Erinnerst du dich an ihren Tod?
3.2.
Wie hat sie im Alter gelebt?
3.2.
Erinnerst du dich an Personen, die im Leben deiner Grossmutter eine wichtige Rolle, positiv oder negativ, gespielt haben?
3.3.
Mein Grossvater mütterlicherseits
3.3.
Was sind deine Erinnerungen an diesen Grossvater?
3.3.
Was habt ihr zusammen unternommen?
3.3.
Was für Selbstzeugnisse oder Objekte über deinen Grossvater existieren noch? Was bedeuten sie dir?
3.3.
Was war seine berufliche Tätigkeit gewesen?
3.3.
QX Erinnerst du dich an seinen Tod?
3.3.
Wie hat er im Alter gelebt?
3.3.
Erinnerst du dich an Personen, die im Leben deines Grossvaters eine wichtige Rolle, positiv oder negativ, gespielt haben?
3.4.
Meine Grossmutter mütterlicherseits
4.
Meine besten Freunde bzw. Freundinnen
5.
Worauf ich stolz sein darf
Liebe Rosa Maria, Du gibst mir Mut, Kraft und Motivation zum Schreiben von meiner ganz persönlichen und aufregender Biografie von 1959 bis ???
Was weisst du über deine Geburt?
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1.  Erste Erinnerungen und Kindheit

Was weisst du über deine Geburt?
Mein Fotoalbum beginnt erst mit vierzehn Monaten, kurz nach Weihnachten Warum wohl? Ich bemerkte es erst viel später bemerkt. Mit sechs Jahren erzählte mir Mami von einem Geheimnis: "Schatz, Du wurdest in Milano, Italien geboren. Wir sind Deine Adoptiveltern. Dein Mami und Dein Papi waren arm. Dein Mami arbeitete in einem Haushalt und Dein Papi arbeitete auch dort, als Gärtner. Deine Eltern waren jung, Dein Vater wollte nichts von Dir wissen, er liess Dein Mami mit Dir allein. Deshalb hatte Dich Dein Mami zur Adoption freigegeben. Dein Mami machte sich grosse Vorwürfe, sie war mit Dir und der Arbeit überfordert. Eine Tante hütete Dich, als Dein Mami arbeiten musste. Man hatte Dich nicht so gut gepflegt. Später warst Du für einige Zeit in einem Kinderheim bei Klosterfrauen in der Westschweiz. Ende Dezember besuchten wir Dich im Kinderheim und wir schlossen Dich sofort in unsere Herzen. Wir durften Dich zu uns nach Hause nehmen.

Ich bin in einer wunderschönen Gegend auf dem Land aufgewachsen mit einer Schwester und einem Bruder. Wir waren in einem grossen Haus, nein es ist nicht ein grosses Haus, es ist ein kleines Schloss. Meine Schwester ist sehr intelligent, sie ist eine Musterschülerin und kann nach der Primarschule an die Kantonsschule in einer grosser Stadt wechseln. Ich verbringe viel Zeit mit meinem Bruder. Wir geniessen die Freiheit im grossen Garten oder wir spielen zusammen. Im Winter dürfen wir immer im Estrich mit 2 tretbaren Autos spielen. Dieser Ort ist so geheimnisvoll. Wir entdecken einen Schrank: dort sind wunderbare alte Fasnachtskleider aufgehängt. Leider dürfen wir diese Kleider nur am "schmutzigen Donnerstag"und am Montag tragen. 

Ich habe dort die Primarschule und die Sekundarschule besucht
Wie sind die Eltern auf deine(n) Vornamen gekommen? Haben deine Eltern gut gewählt?
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1.  Erste Erinnerungen und Kindheit

Wie sind die Eltern auf deine(n) Vornamen gekommen? Haben deine Eltern gut gewählt?
Mein Vater wollte mich Cordula taufen. Meine grosse Schwester, 6 Jahre alt, sass im Treppenhaus und weinte: "Nein, Papi, ich will keine Schwester, die Cordula heisst" Meine Mutter hat Gedichte gelesen von Goethe: da taucht der Name Bettina von Armin auf. Mami war berührt von diesem Namen: Bettina. Und so haben sich meine Eltern eine Weile ausgetauscht und sie haben sich entschieden: unser 3. Kind soll Bettina heissen. Ich habe Freude an meinem Vornamen.

Während der Primarschule da hatte ich einen Übernamen. Wenn wir Besuch hatten, da fragte man mich: und, wie heisst Du? Da antwortete ich immer mit grossem Stolz: die Frauen sagen mir Bettina und die Männer sagen mir "Härz Gigali". Vor allem unser Hausarzt freute sich immer, wenn ich mich so vorgestellt habe. Er war ein guter Freund von unseren Eltern.

In der Schule, in der Sekundarschule haben mir alle Betty gerufen. Ich war damit einverstanden, aber plötzlich wollte ich nicht mehr, dass man mir Betty sagt. Es hat einen Durchbruch in der Kochwelt gegeben: "die Betty Bossi Bücher. Deshalb habe ich mich wieder mit Bettina vorgestellt bis heute.
Was hat man dir von deiner Taufe erzählt?
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1.  Erste Erinnerungen und Kindheit

Was hat man dir von deiner Taufe erzählt?
Wir sind in einem grossen Haus aufgewachsen und wir hatten eine kleine Kappelle von den Grosseltern Aebi. Unsere Mutter war katholisch und unser Vater war reformiert. Wir, 3 Kinder, wurden alle in dieser Hauskappelle von Pater Benedikt getauft. Pater Benedikt war auch ein Mönch und lebte im Kloster Engelberg. Ich habe mich sehr gefreut über die Wahl von meinem Götti und meiner Gotte. Mein Götti ist der Bruder von meinem Vater, also auch mein Onkel. Und meine Gotte war eine Freundin von meiner Mutter: Gotte Vreni, sie wohnte mit ihrem Mann im Tessin.
Welche Rolle spielten in deinem Leben deine Patin und dein Pate für dich?
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1.  Erste Erinnerungen und Kindheit

Welche Rolle spielten in deinem Leben deine Patin und dein Pate für dich?
Mein Götti war so treu: jedes Jahr vor meinem Geburtstag hat er mich angerufen und mit mir einen Termin vereinbart. Wir sind immer zusammen in die Stadt gefahren und ich durfte mir ein Geschenk wünschen, welches wir zusammen ausgesucht haben. Anschliessend waren wir immer eingekehrt in einem Kaffeehaus. Ich durfte eine heisse Schokolade trinken und ein Stück Kuchen essen. Es war so schön, wie er immer mit mir einen Nachmittag verbrachte. Ich war an diesem Tag immer ein wenig aufgeregt.

Mein Götti hat im gleichen Quartier gewohnt, wie wir. Er war verheiratet und sie hatten 3 Kinder: zwei Mädchen und ein Junge. Meine Cousinen waren mit mir in der Primarschule, ein Jahr war die ältere Cousine in der gleichen Klasse, ein Jahr später war die jüngere Cousine in der gleichen Klasse. Sie wohnten in einem schönen Haus mit Garten und Schwimmbad.

Immer am 24. Dezember, nach dem Mittag, haben Papi und ich meinen Götti besucht. Mein Götti hatte an diesem Tag Geburtstag. Mein Onkel sagte immer: es ist nicht schön, an Weihnachten Geburtstag zu haben, ich komme mit Geschenke zu kurz. Ich habe mich immer auf dieses Treffen gefreut. Es war für mich speziell die Brüder zu beobachten. Man sieht, dass sie Geschwister sind, die Haare, das Gesicht.

Ich hätte mir so sehr gewünscht, dass meine Schwester oder mein Bruder gleiche Züge haben, aber wir waren ja alle 3 Adoptivkinder. Meine ältere Schwester wurde in England geboren, mein Bruder wurde in Basel geboren und ich wurde in Strasbourg geboren.

Mein Vater hatte nur einen Bruder, Papi war Götti von meiner ältesten Cousine. Immer am 8. März besuchte uns mein Onkel mit meiner Cousine. Es war der Geburtstag von unserem Vater. Meine Cousine hat oft etwas Feines gebacken. Auch diese Treffen waren für mich interessant, sie erzählten manchmal von ihren Eltern. Wir kannten unsere Grosseltern nur von Fotos. Sie sind viel zu früh gestorben.

Von meinem Gotti habe ich immer wieder Ansichtskarten erhalten, sie reiste mit Ihrem Mann in der ganzen Welt. Ihr Mann ist in Schweden aufgewachsen. Sie hat für mich gestrickt oder Schmuck geschenkt. Sie war eine sehr herzliche Person, leider hatte sie keine Kinder.
Wie gross war dein erstes Zuhause? Erinnerst du dich an die einzelnen Räume?
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1.  Erste Erinnerungen und Kindheit

Wie gross war dein erstes Zuhause? Erinnerst du dich an die einzelnen Räume?
Es war einmal mitten in der Nacht, Ende Dezember 1960, es strahlte ein leuchtender Stern über einem kleinen Schloss. Am Fenster da schaute ein kleines Mädchen auf eine lange Kastanien-Allee. Die Strasse war weiss schneebedeckt. Es kam ein Auto und parkte auf dem grossen Innenhof.

Es steigt eine Dame aus dem Auto, sie trug einen dunklen Pelzmantel. Sie holte eine Tasche auf dem hinteren Sitz heraus und langsam und vorsichtig schreitet sie zum Eingang vom Schloss. Man kann rechts oder links die Treppe hoch steigen. Mit einem goldenen Schlüssel öffnet sie das Tor zum Schloss.

"Willkommen in Deinem neuen Heim".
Das kleine Mädchen springt der Dame entgegen und fragt: "Mami, was hast Du hier in der Tasche? Ist das meine kleine Schwester?" Und später kommt noch ein kleiner Junge und auch er will sofort seine kleine Schwester sehen.

Am nächsten Morgen strahlt die Sonne und vom Kinderzimmer hat man eine wunderbare Aussicht auf eine grosse Wiese und einen Blick auf viele Berge und auf einen tiefblauen See. Man hört das Gezwitscher von Vögeln, aber sonst ist es sehr still.

Deine grosse Schwester ist 6 Jahre alt und dein Bruder ist auch bereits 3 Jahre alt. Wir haben so lange auf Dich gewartet und nun bist Du mit 14 Monaten zu uns gekommen. Es ist ein Wunder, jedes Kind ist ein Wunder und jedes Kind ist ein Geschenk Gottes.

Wir möchten dir Halt im Leben geben, wir möchten dir viel Liebe schenken. In diesem Heim darfst du mit deinem grossen Bruder ein Zimmer teilen. Deine ältere Schwester hat ein eigenes Zimmer.

In diesem Schloss, beim Eingang liegt ein roter Teppich und über die Treppe kommt man in den 1. Stock. Neben dem Teppich ist alles aus grauem Sandstein. Das Haus ist eingerichtet mit wertvollen Möbeln und Bildern, aus der Zeit von Louis seize. Es ist alles sehr gepflegt, kein Staub, der Boden aus Parkett glänzt. Es sieht aus, wie in einem Museum.

Im Esszimmer liegt ein gesticktes, weisses Tischtuch, auf dem Tisch, die Gläser, sie sind edel geschliffen, es hat Silberbesteck und ein Geschirr aus Porzellan mit blauen Blumen. Wir Kinder müssen ganz still sitzen und dürfen nichts sprechen. Im Hintergrund hört man klassische Musik.

Und der Garten hat eine grosse Spielwiese, beim Birnenbaum ist eine Kinderschaukel montiert. Es hat noch ein alte und grosse Rotbuche, zwei kleine Birkenbäume und es gibt drei Nussbäume, Haselsträucher und zwei Kirschbäume und einen Zwetschgenbaum. Dazu kommt ein grossen Gemüse-und Obst-Garten. Es gibt grüner Salat, Karotten, Kohlraben Fenchel und Bohnen, und Walderdbeeren, Johannisbeeren und mehrere Birnen-Spaliere. In einer Ecke findet man einen kleinen Kräutergarten: Petersilien, Schnittlauch, Rosmarin und Tymian. Und nicht zu vergessen, die vielen Blumen und der Rosengarten mit gelben, roten, lila und weissen Rosen.

Unser zu Hause war ein kleines Paradies. Es war für uns Kinder wunderbar, wir haben viel Zeit im Garten verbracht. Wir mussten auch oft helfen, am Mittwochnachmittag oder am Samstag. Wir waren am Jäten oder am Pflücken von Gemüse und Obst. Ich erinnere mich gut, wie wir immer für unser Grossmami Johannisbeeren gepflückt haben. Meine Schulkameraden und Schulkameradinnen waren einerseits Kinder auf Bauernhöfe oder Kinder, welche immer in der Freizeit beim Schulhaus Fussball gespielt haben. Ich wäre so gerne auch dabei gewesen, aber wir mussten zu Hause im Garten helfen, Gras zusammen rechen oder Herbstblätter zusammen wischen.
Meine Eltern
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2.  Meine Eltern
Meine Eltern zu beschreiben, das ist nicht so einfach. Sie waren ein sehr gutes eingespieltes Team. Allerdings hatte immer unser Vater das sagen. Meine Mutter musste sich unterordnen.
Unsere Eltern waren beide Persönlichkeiten.
Meine Mutter
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2.1.  Meine Eltern – Meine Mutter.


Meine Mutter war einerseits Hausfrau, Mutter von 3 Kindern und auch Geschäftsfrau. Sie war im Verwaltungsrat in der Firma von unserem Vater. Sie hat ihren Mann im Berufsleben unterstützt und beraten. Oft war die Geschäftsleitung zum Essen bei uns zu Hause. Unsere Mutter war eine fabelhafte Köchin. Sie führte einen grossen Haushalt mit vielen Gäste. Deshalb hatten wir auch noch eine Haushalthilfe, welche in unserem Haus wohnte. 
Was fällt dir als erstes ein, wenn du an deine Mutter denkst?
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2.1.  Meine Eltern – Meine Mutter.

Was fällt dir als erstes ein, wenn du an deine Mutter denkst?
Unsere Mutter war eine sehr gepflegte Frau, Ihre Frisur war immer perfekt und sie hat sich sehr elegant gekleidet. Und was nie fehlen durfte: Ihre Lippen wurden jeden Tag rot geschminkt und ihre Fingernägel waren auch immer rot bemalt. Sie war eine grosse, schlanke Frau, ja, sie strahlte eine Dame aus.
Mein Vater
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2.2.  Meine Eltern – Mein Vater.
Unser Vater war eine starke Persönlichkeit, er war ein selbstbewusster Geschäftsmann. Mit 21 Jahren musste er das Geschäft von seinem Vater übernehmen. Kurz darauf ist sein Vater an den Folgen von Krebs gestorben.

Unser Vater hatte die Matura abgeschlossen und hat das Arzt-Studium im 1. Semester begonnen, welches er dann unerwartet rasch abbrechen musste. In den Jahren hatte er viel Erfahrung gesammelt, um seine Firma zu führen.
Was fällt dir als erstes ein, wenn du an deinen Vater denkst?
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2.2.  Meine Eltern – Mein Vater.

Was fällt dir als erstes ein, wenn du an deinen Vater denkst?
Unser Vater war einerseits eine sehr sensible Person, anderseits konnte er sehr autoritär sein. Im Geschäft hatte er einen autoritären Führungsstil. Er war ein strenger Vater, aber er war immer gerecht. Wir, als Kinder, hatten manchmal Angst. Mein Vater liebte die klassische Musik, im Hintergrund hörten wir viel Musik. Wenn unser Vater grosse Sorgen hatte, wenn er im Geschäft wichtige Entscheidungen treffen musste, da hörte er schwere Orgelmusik. Ich habe diese Musik gern bekommen, allerdings nicht alle klassischen Stücke. Mein Vater sagte mir einmal, "Bettina, Du wirst sehen, wenn Du älter wirst, wenn Du Erwachsen bist, dann wird dir diese Musik auch gefallen".

Und da gab es noch eine andere schöne Seite von unserem Vater. Wenn er eine unbeschwerte Zeit hatte, so zum Beispiel am Wochenende, da legte er Handorgelmusik auf, wir sagten "Ländler-Musik". Ich habe diese Momente geliebt, ich habe diese Zeit genutzt und manchmal haben wir zusammen getanzt oder wir alle waren fröhlich und haben herzhaft gelacht.

Und nun erinnere ich mich, an ein grosses Hobby von unserem Vater. Er hatte im Keller einen grossen Raum mit einer Eisenbahnanlage. Er konnte sich stundenlang vertiefen und basteln, er hat Landschaften erstellt, wie eine Bergbahn und mit einem grossen See und einem Bahnhof. Er hat die Lokomotiven mit den verschiedenen Züge elektronisch bewegt.
Wir, Kinder, durften zuschauen und ab und zu einen Zug rangieren. 

Und ein weiteres Hobby war das Pflegen vom Rasen, unser Vater hatte einen grossen Rasenmäher. Wir durften anschliessend das Gras zusammen rechen oder wischen. In der warmen Zeit verbrachte unser Vater auch viel Zeit auf dem See. Er hatte ein Ruderboot mit einem Motor. Wir durften oft mit auf den See. Das war für mich eine wunderbare Zeit, ich habe viel geträumt auf dem See, manchmal durften wir mitten im See baden. Mein Bruder durfte oft das Boot steuern. Unser Vater liebte es, einige Zeit mit dem Boot zu rudern. Der Feldstecher hatte er auch immer dabei um die Berge noch besser zu sehen.

Manchmal haben wir am Samstag-Abend alle 5 zusammen gespielt: wir sassen alle auf dem Boden, auf dem Teppich: Memory, Schiffli-Spiel, Würfelspiele: wie das Leiterli Spiel.
Meine Schwester war nicht so begeistert. Natürlich wollten wir Kinder, alle 3 gewinnen.
Welches war der Beruf deines Vaters bevor er heiratete? Hat er später seinen Beruf gewechselt?
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2.2.  Meine Eltern – Mein Vater.

Welches war der Beruf deines Vaters bevor er heiratete? Hat er später seinen Beruf gewechselt?
Unser Vater war Arbeitgeber. Er hat eine Firma geleitet mit über 220 Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen. Er wurde mit 21 Jahren in's kalte Wasser gerührt, weil damals sein Vater an Krebs gestorben ist. Unser Grossvater hat diese Firma gegründet.

Manchmal war es eine grosse Last: der Umsatzdruck, die Offerten, danach schwierige Verhandlungen mit Preiskampf. Manchmal habe ich mitgefiebert, dass mein Vater einen grossen Auftrag erhalten wird. 

Einige Mitarbeiter im Kader sind regelmässig bei uns im Haus ein- und ausgegangen. Meine Mutter musste ein feines Essen vorbereiten. Sie war dann immer ein wenig nervös. Obwohl dies nicht nötig gewesen wäre, sie war je eine sehr gute Köchin.

Und da gab es noch die wichtigen Treffen mit der Hausbank von der Firma. Ein Bankdirektor ist ab und zu mit seiner Frau bei uns zum Essen gekommen. Ich war 15 Jahre alt, da waren wir bei diesem Bankdirektor zu Hause eingeladen, die ganze Familie 

Und bei jedem Besuch gab es eine kleine Anekdote. Herr Cavin hat unsere Eltern immer mit, sehr geehrter Herr Direktor Aebi, sehr geehrte Frau Direktorin Aebi... Unsere Eltern freuten sich darüber, es war in dieser Situation immer eine fröhliche Stimmung. 

Tja, die Stimmung war oft nicht so gut, vor allem vor den Festtagen. Unser Vater war gereizt, manchmal auch überfordert. Es gab auch immer wieder Spannungen in der Geschäftsleitung und im Kader. Und so war manchmal am Weihnachtsabend oder am Sylvesterabend die Stimmung ein wenig gedrückt.

Am 24. Dezember haben wir immer im kleinen Familienkreis gefeiert: meine Eltern mit uns 3 Kindern. Mami hat immer ein kaltes Buffet vorbereitet mit Fisch, mit Langusten. Ich kann auch heute noch nicht Langusten essen, der Fischgeschmack mag ich nicht.

Mami hat in der Adventszeit viele Guezli gebacken: Chräbeli, Brunsli, Zimtsterne, Spitzbuben, Pfeffernüsse, Nussdateln und auch Praliné. Wir durften immer zusehen, wie Mami gebacken hat. Leider durften wir nie Guezli ausstechen, wir durften nur den Teig probieren, die Schüssel mit viel Genuss ausschlecken. Die Küche war das Reich unserer Mutter: wir durften auch nie helfen beim kochen, wir durften nur abwaschen. Es war einfach eine ganz andere Zeit, wie heute.

Am 25. Dezember war es gemütlich beim Essen, wir haben Fondue Chinoise gehabt, mit selbstgemachten Saucen: Currysauce, Cocktailsauce und Knoblauchsauce.

Und am 26. Dezember haben wir immer unsere Grosseltern eingeladen. Mami hat immer einen Truthahn im Ofen zubereitet. Es gab immer als Beilage Nudeln und eine feine Sauce zum Fleisch. Und zum Dessert selbstgemachte Glace und feine selbstgemachte Guezli.

Unser Mami hat sogar einmal ein Glacebuch geschrieben, mit verschiedenen Rezepte. Es war immer so lecker, selbstgemachte Glace mit Eier und Rahm, verschiedene Aromen.
Meine Grosseltern
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3.  Meine Grosseltern
Leider haben wir nur Grosseltern von der Seite von unserem Mami gehabt. Ich war das jüngste Grosskind.  Unsere Grosseltern wohnten in einer grossen Stadt. Sie lebten in einer Mietwohnung. Unser Grossvater hat ein Geschäft mit seinem Zwillingsbruder geführt und später hat sein Sohn das Geschäft übernommen. Das war der Bruder von unserem Mami unser Onkel.
Mein Grossvater mütterlicherseits
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3.3.  Meine Grosseltern – Mein Grossvater mütterlicherseits.
Unser Grossvater war sehr streng, er hatte Karriere im Militär gemacht, er war Oberst, auch sein Sohn war Oberst.

Unser Grossvater war sehr mutig. Als er in Pension war, da hatte er sich entschieden, für sich und seine Frau ein Haus zu bauen. Sie konnten Land in der Stadt kaufen und sie planten den Bau. Mein Grossvater hat immer gesagt, ich zahle alle Rechnungen, ich muss keinen Kredit aufnehmen und er war deshalb auch ein wenig stolz.

Er konnte noch viele Jahre in diesem Haus leben, ich denke, es waren über 20 Jahre. Und unser Grossmami lebte nach dem Tod Ihres Mannes alleine in diesem Haus. 
Erinnerst du dich an seinen Tod?
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3.3.  Meine Grosseltern – Mein Grossvater mütterlicherseits.

Erinnerst du dich an seinen Tod?
Ich erinnere mich gut an den Tod von unserem Grossvater. Unsere Cousine hat ihn in den Tod begleitet. Er konnte in seinem Haus friedlich einschlafen.

Ich war mir bewusst, er war über 90 Jahre alt und das Leben hat ein Ende. Aber ich habe nicht geweint. Ich schämte mich, dass ich so keine Gefühle und Erinnerungen an unseren Grossvater hatte. Für mein Mami war es ein grosser Verlust, dass Ihr Vater gestorben ist. Eines Morgens war ich im Schlafzimmer von unseren Eltern. Auf dem Nachttisch hat Mami ein Foto aufgestellt: unser Grossvater in Militäruniform, als junger Mann. Ich  war entsetzt, ich konnte nicht verstehen, warum diese Wahl. Unser Vater war beim Basteln im Keller. Ich suchte Papi sofort und erzählte ihm, was ich im Schlafzimmer gesehen habe. Papi konnte es auch nicht verstehen und er sagte mir, ich werde das mit Mami besprechen. Tja, das war natürlich keine gute Idee von mir: Mami, hatte sehr geweint und unsere Eltern haben gestritten.

Ich habe einige liebe Menschen, welche gestorben sind. Ich würde aber auch heute nie ein Foto aufstellen. Ich trage diese Menschen tief in meinem Herzen. Es stimmt mich einfach zu traurig, diese Menschen jeden Tag in Natura zu sehen.
Meine Grossmutter mütterlicherseits
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3.4.  Meine Grosseltern – Meine Grossmutter mütterlicherseits.
Ich habe viele schöne Erinnerungen an meine Grossmutter. Für mich war es immer sehr eindrücklich, wie unser Grossmami und unser Mami ähnlich ausgesehen haben. Auch unser Grossmami war eine gepflegte Frau, sie legte viel Wert auf gute Kleidung. Leider hat unser Grossmami nicht mehr so gut gehört und sie hat darunter sehr gelitten.

Ich durfte ab und zu in die Ferien zu meinen Grosseltern. Im Büro hatten sie eine alte Schreibmaschine und ich durfte dort immer schreiben. Das hat mir so viel Spass bereitet, ich habe viel Zeit dort verbracht. Am Morgen haben wir immer zusammen das Frühstück eingenommen. Wir haben immer ein feines Müesli zusammengestellt. Diese Flocken gab es nur beim Grossmami.

Anschliessend sind wir immer mit dem Trolley-Bus in die Stadt gefahren. Ich durfte mir immer einen Platz suchen und durfte alleine dort sitzen. Ich war so stolz und ich habe immer aus dem Fenster geschaut und alles beobachtet. Wir haben eingekauft beim Metzger und am Stand von einem Gemüsehändler. Anschliessend haben wir uns in einem Kaffeehaus mit einer Bekannten getroffen. Mir war manchmal langweilig, aber ich durfte immer eine heisse Schokolade und ein Gipfeli geniessen. Nachher sind wir wieder mit dem Bus nach Hause gefahren.

Am Mittag ist immer unser Grossvater zum Essen nach Hause gekommen. Ich musste immer schön still am Tisch sitzen und ich durfte auch nicht reden. Man hat immer die Nachrichten am Radio gehört. Am Nachmittag hat mein Grossmami mit mir UNO gespielt oder wir sind mit einem sehr alten Auto über Land gefahren. Mein Grossmami war keine gute Autofahrerin. Einmal ist sie über einen Bahnübergang gefahren, obwohl es bei der Barriere bereits gelb geleuchtet hat. Ich hatte ein wenig Angst, aber ich hätte diesen Vorfall niemals zu Hause erzählt.

Mein Grossmami hat mich immer so vorgestellt: das ist meine jüngste Enkelin. Ich habe mich immer gefreut. Sie hat nie gesagt, dass ich ein Adoptivkind bin. Sie hat mich verwöhnt, wir haben zusammen mit viel Genuss Schokolade gegessen.

Als ich in der Lehre war, hatte ich in der Stadt Berufsschule. Ich durfte immer am Donnerstag bei meinen Grosseltern zum Mittagessen. Sie haben auf mich gewartet und ca. um 12.10 Uhr haben wir zusammen gegessen. Anschliessend hat mein Grossmami mir den Rat gegeben, mich ein wenig auszuruhen. Und sie hat mich immer zur richtigen Zeit in die Schule geschickt. 

Als ich erwachsen war, da habe ich manchmal spontan mein Grossmami besucht. Ich war immer Willkommen. Manchmal hat sie gesagt, komm wir gehen in die Stadt wir essen zusammen ein Stück Kuchen, wohlverstanden immer mit Schlagrahm. Sie war eine Geniesserin. Und sie hatte mir immer wieder einen kleinen Batzen gegeben.

Und da gibt es noch mein Urgrossmami, die Mutter von unserem Grossmami. Sie lebte auch in der Stadt, genau gesagt in der Altstadt. Sie wurde 101 Jahre alt, zuerst war sie die Älteste von der Stadt und später sogar noch die Älteste vom Kanton.

Sie war eine alte Dame und sie sass immer kerzengerade auf dem Stuhl. Für uns ein Vorbild, Ihre Haltung, auch noch im hohen Alter. 

Wir besuchten unser Urgrossmami immer am "Schmutzigen Donnerstag".
Wir waren zum Kaffee eingeladen, mit Gebäck, wie Fasnachtschüechli, Chrapfen und und... Wir haben immer des Fasnachtsumzug beobachtet, wenn es nicht zu kalt war, auf dem Balkon, aber in der Regel hinter den Fenstern.

Und sie hatte für uns Urgrosskinder immer Zeitschriften gesammelt. Wir durften für uns einige Heftli nach Hause nehmen. Bei jedem Besuch holte sie im Schlafzimmer für uns Geld: jedes Urgrosskind hat einen Fünfliber erhalten.
Meine besten Freunde bzw. Freundinnen
Seite 16
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4.  Meine besten Freunde bzw. Freundinnen
Da muss ich nicht lang nachdenken: meine beste Freundin war mein Firmgotti.
Ich war ein kleines Mädchen, ca. 2 Jahre alt. Miggi war zu dieser Zeit als Haushalthilfe bei uns angestellt. Ich finde in meinem Fotobuch eine Foto, wo sie mich im Arm hält. Sie lacht, sie strahlt. Miggi war eine so fröhlicher Mensch.

Später hat Miggi geheiratet. Ich vergesse diesen Tag nie. Mein Mami hat mir ein weisses Kleid gezeigt, "Bettina, das darfst Du an der Hochzeit von Miggi und Richard tragen, wenn es schönes Wetter ist." Miggi und Richard haben in der katholischen Kirche geheiratet, wo wir wohnten. Sie sind mit dem Schiff über den See gekommen. Leider hat Petrus an diesem Tag kein schönes Wetter gebracht. Es regnete und regnete, in Strömen. Es wehte ein rauher Wind und es war kalt. Ich erinnere mich, ich durfte das weisse Kleid nicht tragen, Mami hat mir eine hellblaue Jacke  angezogen. Ich war so enttäuscht, aber ich durfte vor der Kirche warten und dann dem Hochzeitspaar gratulieren.

Mein Bruder und ich durften zusammen in die Ferien zu Miggi und Richard. Auch Richard, Ihr Mann, war humorvoll, er hatte immer wieder einen Spass bereit. Es war Fasnacht:  Miggi und Richard haben sich verkleidet und sie haben den Feuerwehrball besucht. Mein Bruder und ich, wir wünschten uns, dass unsere Eltern auch so unbeschwert wären.

In der Schulzeit habe ich immer Mami gefragt, "darf ich wieder zu Miggi in die Ferien". Miggi und Richard wurden Eltern von zwei Buben und später noch von zwei Mädchen. Ich habe miterlebt, wie Ihre Kinder grösser wurden. Ich habe ihre Kinder viel gehütet. Ich habe auch im Haushalt geholfen und ich habe den Kindern Geschichten von Trudy Gerster erzählt. Wir sassen zusammen in einem Bett und sie hörten mir zu.

Mein Firmgotti hat mich sehr verwöhnt, sei es mit Schokolade oder sie hat mir eine neue Hose oder einen farbigen Pullover gekauft, etwas modernere Kleider oder sie hat mir den Coiffeur bezahlt. Sie hat mich so gut verstanden. Ich durfte mit ihr über alles reden. Und sie hatte immer gute Ratschläge, sie hat mich ernst genommen, sie hat mir gut zugehört. Ich habe viel über die Adoption und die Adoptitveltern mit ihr gesprochen. Sie erzählte mir ihre Lebensgeschichte, sie war 12 Jahre alt, als Ihre Mutter gestorben ist. Sie war die älteste von vier Kindern. Ihr Vater war Bauer und sie musste jeden Mittag früher von der Schule nach Hause und für alle kochen. Sie sagte mir immer, Du hast es doch so gut bei Deinen Adoptiveltern und Du kannst immer zu uns kommen.

Während der Primarschulzeit habe ich Mami immer gesagt, ich möchte Miggi als Firmgotti. Eigentlich hatten meine Eltern einen anderen Plan, aber sie haben dann doch meinen Wunsch erfüllt. Ich besuchte die 6. Primarklasse, wo wir auf die Firmung vorbereitet wurden. 

Mami sagte zu mir " wenn Du Miggi als Firmgotti willst, dann musst Du sie selber fragen. Ich war zwei Wochen in den Ferien bei Miggi und ich hatte den Mut nicht, Miggi zu fragen. Am letzten Tag musste ich über meinen Schatten springen. Ich habe Miggi gefragt: ich möchte Dich als Firmgotti". Miggi hat mich in die Arme genommen und gesagt: "ich werde gerne Dein Firmgotti", ich wusste ja seit langem, dass Du diesen Wunsch hast." Mir ist ein grosser Stein vom Herzen gefallen.

Ich habe so viele Ferientage bei Miggi und ihrer Familie verbracht. Ich habe mich so wohl gefühlt in ihrem Haus und Garten. Es war einfach eingerichtet und es war nicht so steril wie in unserem Elternhaus. Ihr Mann hat mit einem Bruder eine Schreinerei geführt.
Wenn du auf dein Leben zurückblickst, worauf bist du besonders stolz?
Seite 17
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5.  Worauf ich stolz sein darf

Wenn du auf dein Leben zurückblickst, worauf bist du besonders stolz?

Die unendliche Suche nach meinen Wurzeln:

- Wer bin ich: Renata Rotzer, Heimatort: Gampel und Bratsch, Kanton Wallis
- Wer bin ich: Bettina Aebi,   Heimatort: Seeberg, Kanton Bern

"Zwei Seelen wohnen ach! in meiner Brust" von Goethe
Ich durfte bei einer wunderbaren Familie aufwachsen. Trotzdem fühlte ich bereits als Kind, ich gehöre nicht in diese Familie. Ich fühlte mich dort nicht so wohl. Das grosse Haus, die starke Persönlichkeit: mein Adoptivvater. Ich konnte mich nicht mit dem Luxus anfreunden. Am Liebsten war ich mit Bauernkinder zusammen. Das haben meine Eltern nicht gerne gesehen, wenn ich mit Margrit, Anna oder Bernadette zusammen war. 

Meine Adoptiveltern haben mir zu meiner Adoption immer die gleiche Geschichte erzählt: "Dein Mami und Dein Papi haben bei einer Familie gearbeitet. Dein Vater als Gärtner und Deine Mutter im Haushalt: putzen, kochen, Wäsche usw.

Dein Mami war jung und wurde schwanger, Du wurdest im Ausland geboren in Strasbourg, Frankreich. Deine Eltern waren arm, hatten kein Geld. Deine Mutter war labil.
"Immer wieder hat dies mein Adoptivvater gesagt:  Deine Mutter war labil, Du bist auch labil."

Was heisst das: labil? Das ist negativ, das ist schlecht, ich habe diese Aussage als Kind nie verstanden und es hat mich auch immer wieder zutiefst verletzt.

"Du wurdest von einer Tante betreut, während deine Mutter arbeitete. Du wurdest nicht gut betreut und gepflegt als Baby, du wurdest vernachlässigt. Du wurdest in ein Kinderheim gebracht in der Westschweiz bei Klosterfrauen.

Deine Schwester war auch in diesem Kinderheim. Wir wollten noch ein 2. Kind adoptieren. Wir haben in diesem Kinderheim nachgefragt, leider hatten sie zu diesem Zeitpunkt kein Kind zur Adoption. So haben wir weiter nach einem zweiten Kind gesucht. Dein Bruder wurde in Basel geboren und wir konnten ihn mit 6 Monaten bei uns aufnehmen.

Im Dezember 1960 hat sich das Kinderheim von der Westschweiz bei uns gemeldet: wir haben ein Kind, welches gut zu Françoise passen würde. Wir haben Dich nach Weihnachten im Kinderheim besucht. Mami hat Dich sofort in's Herz geschlossen und wir haben Dich nach Hause genommen. Du wurdest zur Adoption frei gegeben. Dein Gesundheitszustand war nicht der Beste. Du hattest Rachitis.

Deine leibliche Mutter hat sich grosse Vorwürfe gemacht. Man hat Pia zugesichert, dass Du an einen guten Platz kommst."

"Du, Bettina, hast die erste Zeit bei uns viel geweint, man konnte Dich kaum berühren, Du hast geschrien. Nur wenn du geschlafen hast, konnte man dich in Ruhe streicheln."

Papi hat nach Weihnachten manchmal gesagt: "Heute ist Bettina Tag, der Tag, wo wir Dich zum ersten Mal gesehen haben im Kinderheim und wo wir Dich geholt haben."

Es hat mich immer wieder in meinem Leben eingeholt, die Frage: woher komme ich? Wo sind meine Wurzeln?

Ich hatte nur sehr wenige Informationen: wer ist mein Mami: Pia Rotzer?
Welcher Jahrgang hat meine Mutter?
Wer ist mein Vater? Kein Name.
Ich wurde in Strasbourg, Frankreich geboren.
Warum bin ich nicht in der Schweiz auf die Welt gekommen?

Ich konnte es einfach nicht verstehen, weshalb eine Mutter ihr Baby weg geben kann. Die Erklärung, dass mein Mami jung war und arm war, konnte ich irgendwie nachvollziehen. Meine Adoptiveltern haben immer nur von meiner Mutter gesprochen, der Vater war nie ein Thema. Warum wohl?

Kurz vor der Einschulung haben mich meine Adoptiveltern darüber aufgeklärt, dass ich und meine Geschwister Adoptivkindern sind.

Eines Morgens hat Mami mir die Haare geföhnt. Ich erinnere mich genau an diese Situation, als wäre es gestern gewesen. Ich fragte: "Mami, warum hat mich mein Mami weg gegeben, warum? Mein Adoptivmami hat nicht viel gesagt, aber sie hat geweint. Das wollte ich nicht, dass mein Mami traurig ist. Deshalb habe ich sie über viele Jahre nie mehr danach gefragt.

Liebe Pia, ich habe im Laufe meines Lebens immer wieder versucht, Dich zu finden.
Wer bist Du? Wie alt bist Du? Bist Du Schweizerin? Ist Deine Muttersprache französisch? Warum hast Du mich zur Adoption frei gegeben? Wer ist meine Familie? Wo sind meine Wurzeln?

Als Kind, in der Primarschule, da habe ich manchmal heimlich geweint. Ich habe an Dich gedacht, Pia. Ich habe Dich so vermisst. Kein Foto von Dir, nur der Name: Pia Rotzer. Ich war traurig, Dich, mein leibliche Mutter, nicht zu kennen. Warum hast Du mich weg gegeben?

In der Sekundarschule da lernte ich ein Mädchen kennen: Pia Furrer. Im ersten Augenblick war ich sehr erschrocken, das Mädchen heisst ja Pia, wie mein leibliches Mami. Im Laufe meines Lebens habe ich immer mehr Frauen kennengelernt, welche den Name Pia tragen
Immer gab es mir ein Stich in's Herz, wenn ich der Name Pia hörte.

Viele Fragen zu meinem leiblichen Mami und einfach keine befriedigende Antwort. Immer wieder auf der Suche, auf den Spuren zu meinem leiblichen Mami. 

Mai 2014 

Ich war im Kantonsspital Baar: Abteilung Gynäkologie: Unterleibsoperation. Es war eine spezielle Stimmung für mich. Ich hörte immer wieder, vor allem in der Nacht, wie die Krankenschwestern die kleinen Bette mit den Babys im Gang zu den Zimmern führten und ich hörte, wie Babys geweint haben.

In diesen Tage und vor allem in den langen Nächte, wo ich schlecht geschlafen habe, dachte ich an meine leibliche Mutter. Ich hatte den grossen Wunsch, sie wieder zu suchen. 

Als ich nach Hause durfte, setzte ich mich an den Computer und ich habe wieder einmal einen Brief an mein Mami geschrieben, nur dieses Mal hatte ich zwei Adressen gefunden im Internet. Ich habe den Namen Pia Rotzer eingegeben und im Telefon search tauchten 2 Adressen auf. Ich erinnere mich nur noch an eine Adresse: Bruno und Pia Jerjen-Rotzer, 3951 Agarn. Ich suchte weiter im Internet, wo befindet sich Agarn. Das ist ein kleines Dorf im Wallis, in der Nähe von Gampel und Bratsch, in der Nähe vom Heimatort. 

Ich habe von Hand einen Brief geschrieben:

"Ich suche eine Verwandte. Ich wurde am 22. Oktober 1959 in Strasbourg/Frankreich geboren. Mein Name ist Renata Rotzer, mein Heimatort ist Gampel und Bratsch, Kanton Wallis.

Sind Sie mit mir verwandt, Pia Jerjen-Rotzer?

Meine aktuelle Adresse und Telefonnummer:
Bettina Imhof-Aebi, Lorzenweidstrasse 97, 6332 Hagendorn, Tel. 041 780 36 69.

Den gleichen Text habe ich auch auf französisch geschrieben, bestimmt mit vielen Fehlern.

Und dann kam der grosse Moment: ich habe ein Couvert adressiert und eine Marke darauf geklebt, auch mein Absender: Franz und Bettina Imhof-Aebi ergänzt. Ich hatte noch starke Schmerzen, trotzdem bin ich mit diesem Brief zur Post gelaufen, das war anfangs Woche.

Ich habe mich gefragt, wohnt an dieser Adresse mein leibliches Mami? Wird sich Pia Rotzer bei mir melden? Oder wird es so sein, wie früher. Ich habe nach Strasbourg geschrieben, nie eine Antwort erhalten und ich habe die Gemeinde Gampel angeschrieben, auch nie eine Antwort erhalten.

Ich habe mich darauf eingestellt, dass sich diese Frau nicht bei mir melden wird. Ich habe meine Aktion vergessen, war ja schon recht frech von mir, einer wildfremden Person zu schreiben. Ich habe bewusst im Brief nicht gefragt, sind sie meine Mutter. Ich bin bestimmt ein dunkles Geheimnis: meine Geburt im Ausland und die Freigabe zur Adoption.

Als ich das erste Mal...

Es war Samstag-Morgen, im Mai 2014, wir wollten gerade starten zum Einkaufen. Das Telefon klingelte, wer wird wohl anrufen? Neugierig bin ich ins Büro gesprungen: Eine weiche und leise Stimme meldete sich. Ich fragte noch einmal nach, wer ist am Telefon? Ich dachte, falsche Nummer gewählt, diese Stimme kenne ich nicht... Die Stimme tönte für mich, wie jemand weinen würde oder eine sehr sanfte, zerbrechliche Stimme. "Hier ist Pia am Telefon".

Ich bin aus allen Wolken gefallen, "Du bist es, Pia, Du bist mein Mami". Ich wiederholte wieder "Du bist es Pia, Du bist mein Mami".

"Bettina, Du hast mir geschrieben, ich habe gedacht, da muss ich sofort anrufen. Ja, am 22. Oktober 1959 habe ich ein Kind in Strasbourg geboren mit dem Namen Renata Rotzer und unser Heimatort ist Gampel und Bratsch vom Kanton Wallis. Wie hast Du meine Adresse gefunden?"

Ich wusste von meinen Adoptiveltern, dass mein Mami Pia Rotzer heisst und als ich mit 19 Jahren von zu Hause wegzog, habe ich diese Daten auf dem Schriften-Empfangsschein gelesen, aber ohne Geburtsdatum und auch ohne Adresse von Dir.

Wie alt bist Du, Pia? Ich wurde vor einem Jahr 80 Jahre alt.
Wie geht es Dir, Pia? "Mir geht es soweit gut, ich habe Arthrose in den Knie. Deshalb gehe ich an Krücken und ich bin Herzkrank, ich muss deshalb Medikamente nehmen. Ich darf mich nicht aufregen".

Pia, ich habe noch eine Frage, " hast Du oder jemand in Deiner Familie Krebs?"
Nein, ich und in meiner Familie hat niemand Krebs?
Oh, da bin ich sehr froh.

"Wie geht es Dir, Bettina?"
"Pia, ich hatte soeben eine Unterleibsoperation im Kantonsspital Baar. Ja, mir geht es soweit gut, leider habe ich noch starke Schmerzen. Ich habe Bescheid erhalten, dass ich kein Krebs habe, ich bin so erleichtert."

Ich hasse die Fragen von Aerzten: hat jemand von ihrer Familie Krebs gehabt?
Das weiss ich doch nicht, ich bin ein Adoptivkind, ich kenne meine Eltern und meine Familie nicht. Jetzt kann ich endlich offen und ehrlich sagen. nein, Herr Doktor, niemand von meiner Familie hatte Krebs.

Im Spital, ich war so allein, die Tage und vor allem die Nächte waren so lang. Manchmal habe ich einen kurzen Spaziergang gemacht, im Spitalgang von der Abteilung Gynäkologie. Ich habe viele glückliche Mütter und Väter gesehen mit Babys. Ich habe wieder einmal mehr an Dich gedacht, an mein leibliches Mami. Wer ist mein Mami, lebt sie noch?

Pia, darf ich Dir einige Fotos von mir senden?
Ja, das darfst Du, ich rufe Dich in zwei Wochen wieder an, Bettina.

Ich darf mich nicht aufregen, wegen meinem Herz. Es darf niemand von meiner Familie von uns zwei etwas erfahren. Das ist ein dunkles Geheimnis. Ich habe weder meinen Eltern noch meinen Geschwistern erzählt, dass ich mit Dir schwanger war. Du darfst nichts weiteres unternehmen, Bettina, Du darfst mich nicht in Agarn besuchen, auf keinen Fall. Ich lebe in einem kleinen Dorf. Ich darf mich nicht aufregen, wegen meinem Herz.

Liebe Pia, versprochen, vielen herzlichen Dank für Deinen Anruf, hat mich sehr berührt und ausserordentlich gefreut.

Dieser Samstag im Mai 2014, war gerade Samstag vor Pfingsten. Das ist für mich ein grosses Geschenk, an Pfingsten meldet sich mein leibliches Mami. Wie oft habe ich mir gewünscht, mein Mami zu finden. Es fühlt sich an wie ein 6er im Lotto. Endlich habe ich Dich gefunden, dank dem Internet.

Ich habe nun wie einen inneren Frieden gefunden, eine Ruhe und grosse Dankbarkeit. Endlich weiss ich, wer mein Mami ist und sie lebt noch, ich kann mit ihr reden, einfach wunderbar.

Es hat mich sehr gefreut, dass Pia so mutig war und mich angerufen hat. Ich finde es stark von Pia, dass sie sich bei mir so rasch und spontan gemeldet hat. Sie hätte nicht auf meinen Brief antworten müssen.

Ich will Pia nicht aufregen, obwohl ich dies ja bereits getan habe mit meinem Brief. Ich muss versuchen, langsam eine Beziehung aufzubauen, ich muss Pia und auch mir viel Zeit lassen. Das Schlimmste wäre für mich, wenn Pia jetzt wegen mir, wegen ihrer Herzkrankheit sterben würde.

Am Liebsten wäre ich spontan in den Zug gestiegen und nach Agarn im Kanton Wallis gefahren, um meine Mutter in die Arme nehmen zu können. Dieser Wunsch muss nun noch geduldig warten oder ich würde gerne Pia Blumen senden.  Aber eben, das darf ich nicht, ich bin ein Geheimnis und so soll es bleiben.

Das war, als ich das erste Mal....
im Mai 2014 mit meinem leiblichen Mami telefonischen Kontakt hatte!

Und nun die weiteren Kontakte mit meinem leiblichen Mami

Pia sagte mir, niemand weiss, dass ich eine Tochter, Renata, geboren haben. Und sie hat Angst, dass dies auffliegen könnte. 

Pia hat geheiratet und eine Tochter geboren, Roswitha. Roswitha darf nie von Dir erfahren. Du darfst mir nicht mehr schreiben, wenn sie diese Post sieht. 

Ja, ich habe nun eine Halbschwester, aber ich kann gut damit umgehen, dass ich Roswitha nicht kennenlernen darf. Es geht mir um mein Mami, ich möchte mehr von ihrem Leben erfahren, auch von ihrem Mann. 

Pia hat regelmässig alle zwei bis drei Wochen mich angerufen. Es war immer am Samstag- oder Sonntagabend, so gegen 21.00 oder 21.30 Uhr. 

Beim 2. Kontakt sagte sie mir, Bettina, ich war beim Arzt wegen dem Herz, ich darf mich nicht aufregen."

Ich kann es kaum glauben, dass man ein Leben lang ein Kind verschweigen kann. Weder Ihre Eltern, noch ihre Geschwistern, noch ihr Ehemann und ihre Tochter kennen dieses Geheimnis nicht. Ihr Mann ist vor ca. 20 Jahren gestorben.

Ich habe Pia gesagt, ich will Dich kennen lernen. Ich will keine finanziellen Ansprüche, niemals. Ich möchte von meinen Wurzeln erfahren.

Pia ruft mich während 2 Jahren regelmässig an. Sie sagte mir beim letzten Anruf, sie war sehr aufgewühlt, man hat gesehen, dass ich Dir angerufen habe. Wie kann ich Deine Nummer bei meinem Telefon Apparat löschen? Plötzlich ist unsere Verbindung abgebrochen, einige Minuten später ruft Pia wieder an, aber ich konnte nicht mehr mit ihr reden. Ich hörte, wie sie Knöpfe gedrückt hatte und wieder war die Verbindung unterbrochen.

Leider hat Pia nach diesem Vorfall nie wieder mich angerufen. Ich versuchte, Sie telefonisch zu erreichen, leider erfolglos. Eines Tages war Pia nicht mehr telefonisch erreichbar. Ihre Telefonnummer wurde gekündigt.

Ist Pia im Spital, in welchem Spital oder ist Pia gestorben? Ich habe im Internet jede Woche die Todesanzeigen gesucht und gelesen. Nach einiger Zeit habe ich ein automatisches Mail eingerichtet und ich habe eine Nachricht erhalten, wenn jemand im Oberwallis gestorben ist.

Meine Träume - früher und heute

Ich bin in einem Landhaus mit einer älteren Schwester und einem älteren Bruder aufgewachsen. Wir haben viel Zeit mit unseren Eltern im Garten oder beim Wandern in der Zentralschweiz verbracht.

Meine Schwester war für mich eine hochintelligente und ehrgeizige Schülerin und sie hat die Matura mit Bravour bestanden. Sie hat sehr viel Zeit beim Lernen verbracht. Mein Bruder und ich, wir waren immer zusammen, wir gingen durch dick und dünn. Mein Traum, so eine Musterschülerin wie meine Schwester zu werden. Das habe ich nur in der Sekundarschule geschafft.

Ich habe mir immer ein jüngere Schwester oder einen jüngeren Bruder gewünscht. Aber meine Eltern wollten eigentlich nur zwei Kinder. Mein Traum wurde nicht erfüllt.

Die Schulferien habe ich oft bei meiner Firmgotte verbracht. Sie hatte vier klein Kinder und ich habe viel mit ihren Kindern gespielt. Ich habe ihnen Geschichten von Trudy Gerster erzählt und ich habe meinem Firmgotti viel im Haushalt geholfen: putzen, kochen, Wäsche aufhängen. Mein Firmgotti war so eine liebenswerte und vor allem humorvolle Person. Sie war meine beste Freundin. Auch ihr Mann war eine fröhliche Person. Leider ist mein Firmgotti, viel zu jung, mit 50 Jahren an Krebs gestorben. Mein Traum, meine beste Freundin nicht zu verlieren, ging leider nicht in Erfüllung.

Mein Traum war: ich möchte einmal viele Kinder, mindestens zehn. Ich habe mir vorgestellt, dass wir in einem kleinen Dorf am See leben. Ich, ganz alleine, mit zehn Kindern ohne Ehemann.

Mein Traumberuf war: Kindergärtnerin oder Primarlehrerin. Auch dieser Traum wurde nie wahr, auch mein Traumberuf, warum auch immer.

Und heute habe ich einen weiteren Traum: Ich habe mein leibliches Mami im Mai 2014 gefunden, nach vielen Suchaktionen. Wir haben uns kennengelernt, es waren kurze Telefongespräche, alle zwei bis drei Wochen einmal. Ich konnte Fragen stellen: wer ist meine Familie, wo sind meine Wurzeln. Da mein Mami, Pia, bereits 81 Jahre alt war und weil sie krank war: Herzkrank, musste ich alles sehr langsam angehen und vorsichtig sein mit meinen Fragen. Sie sagte mir immer wieder, ich darf mich nicht aufregen wegen meinem Herz.

Pia sagte mir, ja, vielleicht können wir uns doch einmal treffen. Aber die Angst war gross, dass unser Geheimnis, eine uneheliche Tochter, Ihre Familie erfahren würde.

Die Hoffnung stirbt zuletzt: Ich dachte mir, viel Zeit geben und vielleicht kann ich mein Mami bald einmal in mein Arme schliessen. Am letzten Samstag-Mittag ein Schock, ich habe die traurige Nachricht gelesen, dank Internet: Pia Rotzer, geboren 24. Mai 1934 ist am Abend vom 9. Mai 2019 friedlich eingeschlafen. Ich lese weiter: 

"Meine Augen wurden müde,
der Tod, er schloss sie zu.
Gönnt mir meinen Frieden,
gönnt mir meine Ruh"

Ich musste mit den Tränen kämpfen und ich erzählte es meinem Mann. Ich weiss im Moment nicht, wie ich mit dem Verlust umgehen soll. Aendern kann ich nichts, es ist so, wie es ist.

Welche Erinnerungen habe ich an Pia? Ihre Stimme, eine zerbrechliche Stimme, eine traurige Stimme, Ihre Offenheit, Ihren Mut, sich bei mir zu melden, nach 55 Jahren. Ich habe nur drei - vier Fotos von Pia erhalten, das ist alles. Trotz allem, ich habe immer Achtung von meinem Mami.

Ich würde so gerne an den Beerdigungsgottesdienst gehen. Es ist die Gelegenheit, einiges aus dem Lebenslauf von Pia zu hören. Mein Mami, Pia, war katholisch und gläubig, so steht auch in der Todesanzeige: "sie ist im Glauben an die Auferstehung friedlich entschlafen". Ich kann so Abschied nehmen und vielleicht besser dieses traurige Kapitel meine leibliche Mutter abschliessen.

Ich weiss nicht, welche Gefühle da aufkommen werden, wenn ich meine Halbschwester und die Familie sehe. Kann ich das verkraften? Ich darf mich nicht outen, dass ich eine Tochter von Pia bin. Das will ich auch nicht, das passt nicht, das macht man nicht an der Beerdigung. Es bleibt unser Geheimnis von Pia und mir.

Ich suche die SBB-Verbindungen heraus, eine Fahrt in's Wallis, ca. vier Stunden. Kein Problem, ich kann ja bereits einen Tag vorher hinreisen und in Agarn übernachten. Hier hat es ein Hotel und auch noch freie Zimmer, Internet sei Dank.

Das ist mein Traum heute: letzter Abschied von meinem leiblichen Mami, Pia Rotzer.

Der Engel der Zufriedenheit:

Die Botschaft Deines Engels: "Blicke in Dein Inneres und gelange zu Frieden und Ausgeglichenheit.

Akzeptiere die Dinge, die Du nicht ändern kannst und habe Vertrauen in Deinen Engel, dass alles so geschehen wird, wie es geschehen soll.

Denn ein zufriedenes Herz ist ein reines Herz, durch nichts erschüttert werden kann."

Abschied von Pia

Am Donnerstag, 16. Mai 2019 fahre ich mit dem Zug nach Agarn. Die SBB führt mich nach Zug - Zürich - Bern - Visp - Gampel und mit dem Postauto fahre ich nach Agarn. Was wird mich erwarten? Wie sieht es in Agarn aus? Alle Verbindungen verlaufen korrekt, ich bin bin um 13.30 Uhr in Hagendorn gestartet und ich bin um 17.20 Uhr in Agarn angekommen.

Ich sehe die Kirche, einige Meter und ich entschliesse mich spontan, die Kirche zu betreten. Ich bin überrascht, wie gross die Kirche ist und es ist eine Kirche mit Gemälden und heiligen Figuren. Ich wieder aus der Kirche, spaziere durch die Dorfstrasse, es kommt der Volg Laden, davon hat mir Pia erzählt und ich finde das Hotel. Ich melde mich an und ich bezieh mein reserviertes Zimmer. Ich öffne die Fenster und ich sehe zwei bis drei Ehringer Kühe und ich sehe Berge mit Schnee.

Nach der langen Zugfahrt entschliesse ich mich, ein wenig zu spazieren. Gerne möchte ich die Ringstrasse 64 b finden, dort hat Pia gewohnt. Ich begegne wenigen Menschen, alle grüssen freundlich und sagen "Sali", ich hätte eigentlich "Tag wohl" erwartet. Ich spaziere weiter, und ich finde die Ringstrasse 73, also hier in diesem Quartier lebte Pia, ich finde leider keine Haus-Nr. 64, vielleicht wurde dieses Haus bereits abgerissen. Ist ja nicht so wichtig, ich komme wieder zur Dorfstrasse, da ist eine kleine Kapelle, dort hat es einen Anschlag:  "Donnerstag-Abend, 16. Mai 2019, um 19.00 Uhr Rosenkrank in der Kirche für Pia Jerjen-Rotzer." Ich muss nicht lange überlegen, da gehe ich hin. Ich hole im Volg einen Salat und ein Brötli und gehe in mein Zimmer und esse dies. Kurz vor 19.00 Uhr gehe ich in die Kirche. Es sind nur einige Frauen dort, wir sind 14 Personen und wir beten den Rosenkranz. Um 19.30 Uhr gehen alle wieder nach Hause. Ich frage mich, war die Tochter von Pia auch da? Es bleibt ein Rätsel.

Ich spaziere noch einmal durch die Dorfstrasse, gehe noch einmal an die Ringstrasse, aber ich finde die Hausnummer 64 leider nicht. Ich gehe wieder ins Hotel und ich schaue wieder aus dem Fenster. Das Dorf ist klein, sie haben über 800 Einwohner, es hat einige alte Walliser Häuser, aber auch neue Häuser. Hier hat Pia viele Jahre gelebt. Ich schlafe gut, bin aber sehr früh wach. Ich stehe auf und ich mache zwei Fotos aus dem Hotelzimmer. Anschliessend gehe ich zum Frühstück. Um 09.20 Uhr verlasse ich das Hotel und ich gehe zur Kirche.

Zu meinem Erstaunen waren die Trauerfamilien bereits in den ersten Reihen von den Kirchbänken und es hatte schon einige Kirchenbesucher. Ich hätte gerne ein Foto gemacht, es war ein Bild von Pia und es hatte rote Rosen und einen Blumenkranz. Ich hatte den Mut nicht, ein Foto zu machen. Um 09.30 Uhr wird wieder Rosenkranz gebeten. Es kommen immer noch Kirchenbesucher, die Bänke werden voll und voller. Plötzlich entdecke ich, dass der Kirchenchor auch anwesend ist. Ich freue mich auf schöne Musik. Und so war es auch. Zuerst um 10.00 Uhr wunderschöne Orgelmusik und dann spricht eine Laientheologin: sie spricht von Pia Jerjen-Rotzer, es werde kein Lebenslauf gelesen. Pia hatte schwierige Zeiten, aber auch schöne Zeiten. Wir sollen an die schönen Zeiten denken. Der Kirchenchor singt, einfach wunderbar. Es gibt eine Messe mit Kommunion.

Mir hätte es so viel bedeutet, den Lebenslauf von Pia zu hören. Es war eine grosse Enttäuschung. Ich frage mich, hat Pia doch noch unser Geheimnis Ihrer Tochter und Ihrer Familie anvertraut. Ich glaube nicht... Und so bleibt einiges von Pia ein Geheimnis.

Es wurde nur gesagt, dass sich Pia zu Beginn bis am Ende wohl fühlte im Pflegeheim. Nach dem Gottesdienst haben alle noch vor dem Altar von Pia Abschied genommen. Die Trauerfamilie blieb sitzen und alle Kirchenbesucher gingen nach draussen. Der Kirchenchor wurde zu einem Apéro eingeladen.

Die Kirchenbesucher sind alle zum Auto oder in das Dorfkaffee gelaufen. Ich bin zur Bushaltestelle gegangen und ich habe dort auf das Postauto gewartet. Es wehte ein stürmischer Wind, das Wetter passte zur Beerdigung. Leider musste ich 50 Minuten auf das nächste Postauto warten.

Deshalb bin ich noch einmal zur Kirche und sie waren bereits am Abräumen von den Blumen. Ich bin noch auf den Friedhof und ich habe das Grab gesucht. Ganz zuhinterst an der Urnenwand war die Urnennische von Pia. Dort habe ich ein Foto geknipst. Und dann bin ich wieder zur Bushaltestelle gelaufen und bald kam das Postauto und ich bin nach Hause gefahren.

Ich habe den Trauergottesdienst mit Fassung getragen, allerdings war ich einfach enttäuscht, nichts vom Leben von Pia zu hören. Warum hat man darauf verzichtet, einen Lebenslauf zu lesen? Auch das Urnengrab in der Urnenwand zeigt mir, wie bescheiden Pia war. Vielleicht hat man deshalb keinen Lebenslauf vorgelesen.

Der Gottesdienst war sehr schön, umrahmt von Orgelmusik und vom Kirchenchor. Ich habe Pia versprochen, nichts weiteres zu unternehmen. Deshalb habe ich auch nichts gefragt. Es war nicht der richtige Zeitpunkt.

Innert kurzer Zeit hat sich der Kreis von meinem Adoptivmami und von meinem leiblichen Mami geschlossen. Bei meinem Adoptivmami da war der Schmerz sehr nah und bei Pia, da war eine gewisse Traurigkeit. Ich bin enttäuscht, dass ich Pia nie sehen konnte, dass ich sie nie in meine Arme schliessen konnte. Es ist so, wie es ist, man kann es nicht ändern. Der Abschied ist so endgültig. Man kann nichts mehr nachholen: hätte ich doch noch das eine oder andere Pia gefragt, jetzt ist es zu spät. Und viele Fragen bleiben ein Geheimnis.

Es war richtig, dass ich an der Beerdigung von Pia war. Ich würde es wieder so machen. Es braucht Zeit, zu verstehen, wie es war. Pia hatte Ihre Geschichte und ich habe meine Geschichte. Ich habe einen inneren Frieden gefunden. Und nun ist es wichtig, möglichst positiv Pia in Erinnerung zu behalten.

Ich wusste, dass Pia katholisch war und ich denke, der Glaube hat ihr in ihrem Leben immer wieder Kraft gegeben. Ich denke, der Entscheid, mich zur Adoption frei zu geben, war bestimmt nicht einfach. Sie hat mich vergessen und vor vier Jahren erinnere ich sie an diese schmerzvolle Zeit. Ich verstehe, dass man mit 81 Jahren nicht mehr so belastbar ist. Sie hatte später geheiratet und eine zweite Tochter geboren. Das Geheimnis von mir hat sie bestimmt bis zur letzten Stunde für sich behalten.

Wir alle machen Fehler und ich darf nicht darüber urteilen, dass Pia mich zur Adoption frei gegeben hat. Ich bin mir auch nicht sicher, ob dies für Pia freiwillig war im Jahr 1960.

Und nun pass die Engelskarte von Rosa Maria, erhalten am 15. Mai 2019

Der Engel der Zufriedenheit

Die Botschaft Deines Engels:

"Blicke in Dein Inneres und gelange zu Frieden und Ausgeglichenheit.

Akzeptiere die Dinge, die Du nicht ändern kannst und habe Vertrauen in Deinen Engel, dass alles so geschehen wird, wie es geschehen soll.

Denn ein zufriedenes Herz ist ein reines Herz, durch nichts erschüttert werden kann."

Der eingeschriebene Brief?

Wir sind gerade zurück von einem wunderschönen Wandertrag, Region Stoos. Ich habe den Briefkasten geleert und dort habe ich eine Meldung, dass ich einen eingeschriebenen Brief abholen soll.

Warum einen eingeschriebenen Brief, von wem? Ich habe mich entschlossen, den Brief sofort im Volg abzuholen. Oh, meine Güte: der Absender ist Gemeinde Agarn. Es packt mich eine innere Angst, sofort habe ich den Brief geöffnet:

Absender: Plaschy Martin, Gemeinderichter von Agarn
Titel vom Brief: Testamentseröffnung Pia Jerjen-Rotzer, Agarn
Einladung am Donnerstag, 27.06.2019, 17.00 Uhr in Agarn

Dieser Brief wurde auch von Rechtsanwältin & Notariat Fabienne Murmann sowie an Roswitha Bayard-Rotzers zugestellt.

Das wollte ich nie, das habe ich Pia auch mehrere Male gesagt. Ich will absolut keine finanzielle Forderungen stellen, ich will dich kennenlernen, von Deiner Familie erfahren, wo meine Wurzeln sind.

Meine Frage: hat Pia doch ihrer Tochter von mir erzählt, von der Adoption? Ich habe den Brief meinem Mann gegeben, zum Lesen. Er sagte nur, "nein, zu diesem Termin, da gehen wir nicht hin."

Ich habe mir gesagt, jetzt schlafe ich einmal darüber. Es geht ja noch 3 Wochen bis zu diesem Termin. Es könnte eine Chance sein, Roswitha kennenzulernen und mehr von Pia zu erfahren. Aber eben, die Telefonanrufe wurden ja so plötzlich unterbunden. Pia hatte so Angst, jetzt sehen die Jungen, dass wir so oft miteinander telefoniert haben. Immer die gleiche Nummer: 041 780 36 69.

Ich habe im Internet nachgeforscht: wer ist Martin Plaschy von der Gemeinde Agarn? Ich habe gelesen, dass das Gemeindebüro ab 16.00 Uhr bis 19.00 Uhr offen hat.

Es braucht viel Mut, aber ich habe am 6. Juni 2019 Herrn Plaschy angerufen. Leider hat er das Telefon nicht abgenommen, aber ich konnte auf die Comebox sprechen. Kurze Zeit später hat Herr Plaschy zurück gerufen.

Meine erste Frage, "muss ich an diesen Termin kommen, können Sie mir nicht dieses Testament per Post zustellen? Er sagte, "Sie müssen nicht an diesem Termin erscheinen, aber wenn Sie nicht anwesend sind, so können Sie nicht mitentscheiden".

Ich sagte Herrn Plaschy: "Ich will nichts von Pia, ich will kein Geld von Pia". Er fragte mich, "kennen Sie Roswitha?" "Nein, ich kenne Roswitha nicht und ich weiss auch nicht, seit wann Roswitha etwas von mir weiss." Wir sind Halbschwestern. Herr Plaschy meinte: "vielleicht wird es für Roswitha auch ein wenig emotional, wenn Sie Roswitha das erste Mal begegnen." Ich sagte: "es ist bestimmt ein Schock, plötzlich zu erfahren, man hat eine Halbschwester, so ca. nach 50 Jahren."

Das Gespräch mit Herrn Plaschy war sehr angenehm. Er hat mir gesagt, es sei nicht so einfach gewesen, meine Adresse zu finden. Aber er war ziemlich sicher, dass ich die richtige Person bin. Er hat erzählt, "Sie haben in Hünenberg geheiratet."."Ja, das ist korrekt," antwortete ich. Er meinte, vielleicht ist es gut, wenn Sie persönlich zu Roswitha sprechen können. 

Ich habe Herrn Plaschy gesagt, "ich weiss noch nicht, ob ich nach Agarn zum Termin komme. Ich muss dies in aller Ruhe überlegen. Ich werde mich bei Ihnen melden, wenn ich nicht komme."

Ich will nie schlecht über Pia reden. Roswitha soll kein anderes Bild von Ihrer Mutter erhalten, wegen mir, wegen der Adoption. Ich möchte Roswitha Zeit geben, so wie ich es bei Pia gemacht habe. Ich habe respektiert, dass ich Pia nicht sehen konnte. Ich würde auch respektieren, wenn Roswitha keinen Kontakt zu mir will.

Welche Erinnerung habe ich von Pia? Ich habe Ihre Stimme, immer als zerbrechlich empfunden, eine sensible Frau und ich besitze 4 Fotos von Pia. Sie hat mir erzählt, von der Zeit, wo sie mit mir schwanger war und ihr Freund an einem Verkehrsunfall gestorben ist. Das war ein grosses Schicksal. Die Zeit, wo sie bei einer Freundin in Frankreich war, sie konnte dort gratis wohnen, die Geburt in Strasbourg, die Zeit danach. Sie musste arbeiten, sie wurde krank und war lange Zeit im Spital. Ich kam deshalb in ein Kinderheim in der Westschweiz. Mit 14 Monaten kam ich in die Zentralschweiz zu einer Pflegefamilie. Später wurde ich von diesen Eltern adoptiert. Das ist die Geschichte von Pia. Sie hatte ein dunkles Geheimnis: niemand wusste von mir, weder Ihre Eltern, noch Ihre Geschwistern, noch Ihre Tochter.

Und dann, gibt es die Geschichte von mir: damit zu leben, ein Adoptivkind zu sein. Die Trauer, sozusagen nichts zu wissen von meinem leiblichen Mami und meinem leiblichen Papi. Es ist mein Geheimnis, und immer wieder war ich auf der Suche nach meinen Spuren, nach meinen Wurzeln...

Eine unerwartete Wende

Ich bin am 27. Juni 2020 nach Agarn gereist: zur Testamentseröffnung. Es war ein schwieriger Moment, die erste Begegnung mit meiner Halbschwester Roswitha. Zu meiner Überraschung begleitete Ihre Tochter, Nicole, zu dieser Sitzung.

Wie war mein erster Eindruck von Roswitha? Sie wirkte auf mich ängstlich und traurig. Auch ihre Tochter war angespannt und traurig. Wir haben einige Worte gewechselt und ich spürte, es war für uns alle Drei emotional. Wir alle versuchten, die Tränen zu unterdrücken.

Roswitha sass neben mir und Nicole sass neben ihrer Mutter. Beim Vorlesen vom Testament spürte ich wieder, wie Roswitha angespannt und traurig war. Weder Roswitha, noch Nicole haben Fragen gestellt.

Der Text war sehr schwierig, zu verstehen, rechtliches Amtsdeutsch, wie. z.B. sämtliche pflichtgeschützten Erben werden auf den Pflichtteil gesetzt mit Ausnahme von Roswitha oder als Alleinerbin... - für die frei verfügbaren Quote - vorbehältlich allfälliger Pflichtansprüche wird Roswitha Bayard eingesetzt. Sollte Roswitha den Erbfall nicht erleben, so wird Nicole Bayard als Alleinerbin - resp. für die frei verfügbaren Quote : vorbehältlich allfälliger Pflichtteils-Ansprüche - eingesetzt.

Der Friedensrichter hat mir bei meinem Telefonanruf am 6. Juni 2019 gesagt, dass ich Anspruch auf den Pflichtteil habe. Aber im Testament wurde weder mein Name erwähnt, noch dass es eine 2. Tochter gibt. Warum wohl?

Für mich hat sich nichts an meiner Entscheidung geändert, auch nach der kurzen ersten Begegnung mit Roswitha und Nicole. Ich habe das Erbe ausgeschlagen. Es stimmt für mich, auch einige Tage später noch.

Wir haben nach der Sitzung noch einige Worte gewechselt und haben uns im Restaurant in Susten getroffen. Nicole hat mir gesagt, "wir wussten nicht, ob Du an die Sitzung kommst und was machen wir, wenn Du nicht an die Sitzung kommst?"

Roswitha hat mir erzählt, ich habe immer wieder Nicole gefragt, warum schreibt mir meine Halbschwester nicht. Ich habe Roswitha gesagt: "es war ein Geheimnis zwischen Pia und mir. Ich habe Pia versprochen, nichts zu unternehmen. Ich wusste nicht, wann Ihr von mir erfahren habt." Nicole sagte, "Mama, Du hast Bettina auch nicht geschrieben." Ich sagte Roswitha, "ich hatte den Mut nicht, Dir zu schreiben oder Dir anzurufen. Mein Mann sagte mehrere Male, vielleicht ruft Dich Deine Halbschwester an."

Roswitha hat mir erzählt, dass unsere Mama 20 Jahre alt war, als sie auf die Welt gekommen ist und dass sie nicht bei Ihrer Mama aufgewachsen ist. Sie ist bei Ihren Grosseltern aufgewachsen. Sie sagte mir auch, dass Mama nie gesagt hat, wer ihr Vater war, auch nicht vor ihrem Tod. Ich spürte, wie verletzend dies für Roswitha noch heute ist.

Ich habe Roswitha und Nicole erzählt: "Pia war im 3. Monat schwanger, Ihr Freund hatte damals einen tödlichen Verkehrsunfall. Sie wollten heiraten." Roswitha fragt, "kennst Du den Namen von diesem Freund?" Ich sagte Roswitha, ich weiss nur, dass er bei der Post arbeitete und dass mein Grossvater Italiener war und die Grossmutter war Schweizerin. Ich habe nie mehr nach meinem Vater gefragt, dass ist doch für Pia so ein grosses Schicksal. Roswitha sagte: "wir haben ein Foto, da hatte Mama immer erzählt, dass dieser junge Mann an einem Töff-Unfall starb, das könnte vielleicht Dein Vater sein."

Und am 27. Juni 2019 erfahre ich von Nicole und Roswitha eine ganz unerwartete Nachricht. Nicole sagte zu mir: "Bettina, wir müssen Dir noch etwas sagen, es gibt noch einen Bruder, Eric." Im Moment muss ich tief durchatmen und ich sagte spontan: "er lebt aber nicht mehr." Nicole sagte, "doch er lebt in Frankreich, er spricht nur französisch, er ist verheiratet und er hat 3 Kinder. Eric ist von Beruf Arzt, er arbeitet in einem Spital. Ich bin einfach sprachlos, aber gleichzeitig erfreut: "ich habe noch einen Halbbruder, er ist 63 Jahre alt, wow, einfach Wahnsinn. Ich finde es so schön, dass Nicole und Roswitha so ehrlich gegenüber mir sind.

Im Moment denke ich, ist es für Roswitha am Schwierigsten. Sie hatte sich liebevoll um ihre Mutter gekümmert. Sie wusste seit 2011, dass sie einen Bruder hat und sie konnte Eric kennenlernen Und seit ca. einem Jahr, wiederholt sich alles noch einmal: da taucht ein 3. Kind auf, respektiv Roswitha hat von unserer Mama erfahren, dass sie noch eine Halbschwester hat. Da ist man einfach sprachlos, das braucht Zeit, wir können nicht alles verstehen.

Nicole hat auch von Pia erzählt, sie sagte: "Pia war eine aufgestellte Person, sie hatte immer einen guten Spruch oder einen Witz zu erzählen."

Jeder hat seine eigene Geschichte:
- die Geschichte von unserer Mama, Pia
- die Geschichte von meiner Halbschwester, Roswitha
- die Geschichte von meinem Halbbruder, Eric
- die Geschichte von mir: Renata Rotzer - Bettina Aebi - Bettina Imhof

Ich bin einfach immer noch tief berührt und ich freue mich mit Euch in Kontakt zu bleiben. Roswitha, ich will mich nicht aufdrängen, ich will Euch Zeit lassen. Ich bin dankbar, wie friedlich, wir uns begegnen konnten.

Und nun kommt eine unerwartete Wende:

Nicole sagte auch, sie möchte Eric von mir erzählen. "Ich bin sicher, dass Eric auch Dich kennenlernen möchte. Und zu einem späteren Zeitpunkt möchten wir unserer Familie von Dir erzählen und hoffen, dass wir uns treffen können." Roswitha hat mir gesagt, dass eine Schwester von unserer Mama noch lebt, sie heisst Paula. Roswitha hat dieser Tante vom Halbbruder Eric erzählt, weil sie mit jemandem darüber reden musste. Roswitha hat erst im Jahr 2015 ihrer Tochter von ihrem Halbbruder von Eric erzählt. Und von mir, wissen beide erst seit gut einem Jahr.

Es ist schön, zu spüren, dass hier eine Familie ist, die mich mit offenen Armen empfangen will, wenn es auch noch für uns alle Zeit braucht.

Damit habe ich nie gerechnet, dass meine Halbschwester und ihre Tochter so positiv gegenüber mir sind.

Meine Schwester: Roswitha

Im Mai 2014 habe ich erfahren, dass ich eine Halbschwester habe. Pia hat mir erzählt, dass sie eine Tochter und ein Grosskind hat.

Pia hat geheiratet und ich bin davon ausgegangen, dass der Vater von Roswitha Bruno Jerjen ist. Ich habe eine jüngere Schwester, sie heisst: Roswitha.

Für mich war das aber nicht wichtig. Ich wollte nur Pia kennenlernen und da es ja ein Geheimnis war, dass ich Renata ein Kind von Pia bin, habe ich dies einfach akzeptiert und auch nie hinterfragt. Pia hat mir erzählt, ich kann oft bei meiner Tochter essen.

In der Zwischenzeit ist Pia gestorben, ihr Todestag ist der 9. Mai 2019. Am 4. Juni 2019 habe ich von der Gemeinde Agarn eine Einladung erhalten zur Testamentseröffnung.

Ich habe mich entschieden, ich fahre nach Agarn. Ich will mich dieser schwierigen Situation stellen. Ich werde so meine Halbschwester zu ersten Mal sehen und hören. Das kann doch eine Chance sein, vielleicht erfahre ich so mehr von Pia. Ich habe mir anfangs Juni bis am 27. Juni 2019 sehr viele Gedanken gemacht: wie wird diese erste Begegnung sein? Das Schlimmste wäre, wenn wir uns nicht verstehen, wenn wir Streit bekommen. Aber ich war dann wieder positiv: wir haben die gleiche Muttter. Vielleicht wird es eine emotionale Begegnung: einerseits Freude, anderseits Trauer.

Mein Mann, hat gesagt, dass er mich begleitet und wenn die Sitzung schlecht verläuft, dann bin ich für Dich da. Oder wir können uns alle kurz kennenlernen. Ich habe es sehr geschätzt, dass ich diese Unterstützung erhalte.

Wir haben uns entschieden, wir fahren mit dem Auto und wir übernachten im Wallis. Ich habe ein Hotelzimmer in Fiesch gebucht, ca. 40 km von Agarn entfernt. Wir machen uns dann einen schönen Abend und geniessen am Freitag noch das Goms.

Wir sind bei wunderschönem Sommerwetter in Hagendorn gestartet. Es war heiss, über 30 Grad. Wir hatten 3 Std. Fahrzeit bis wir in Agarn angekommen sind. Wir sind über den Brünig und via Goppenstein in's Wallis gefahren. Wir haben ein feines Mittagessen genossen. Am Nachmittag waren wir in der Kirche und auf dem Grab von Pia,

Bald wurde 17.00 Uhr und ich bin zu Fuss zum Gemeindezentrum gelaufen. Vor dem Eingang, da war eine Frau und sie war hin und her gelaufen, sie war ein wenig nervös. Da sah ich plötzlich noch eine junge Frau und ich realisierte, dass diese 2 Personen zusammen gehören. Die junge Frau ist auf mich zugekommen, ich habe mich sofort vorgestellt: mein Name ist Imhof. Die junge Frau sagte, mein Name ist Bayard, ich begleite meine Mama. 
Roswitha und Nicole hatten mir einen Händedruck gegeben und Nicole sagte: "es ist für uns ein schwieriger Moment." Ich habe gesagt: "es tut mir sehr leid, ich wollte das nie, aber ich bin nun gekommen, ich will mich dieser Situation stellen." Ich sagte noch, ich war an der Beerdigung von Pia, es war ein wunderschöner Gottesdienst. Beide Frauen waren sehr überrascht. Roswitha sagte zu mir, "wir wissen erst seit ca. 1 Jahr, dass unsere Mama noch eine Tochter hat." Ich sagte: "es war ein Geheimnis, Pia habe weder ihren Eltern, noch ihren Geschwistern von mir erzählt." Roswitha hat die Achseln gezuckt und gesagt, "jetzt schauen wir einmal, was auf uns zu kommt." Roswitha sagte zu mir: "Meine Mama war 20 Jahre alt, als ich auf die Welt gekommen bin, ich bin bei meinen Grosseltern aufgewachsen:" Da fragte ich, "was, Sie sind älter als ich?" "Ja, so ist es." Ich war für einen Moment wie gelähmt, ich war geschockt, was meine Halbschwester ist älter. Für mich ist, wie eine Welt zusammen gebrochen. Warum hat mir Pia dies nie gesagt? Okay, jetzt muss ich mich auf die Sitzung konzentrieren. Nicole fragte, "darf ich meine Mama an der Sitzung begleiten? Ich unterstütze meine Mama, ich mache alles Administrative im Zusammenhang mit dem Todesfall von meiner Grossmutter." Ich sagte, selbstverständlich können Sie ihre Mutter an dieser Sitzung begleiten.

Die Sitzung ist korrekt verlaufen: zuerst wurde die Einladung vorgelesen und gefragt, ob alle Namen von uns korrekt sind. Dann wurde das Testament vorgelesen. Es war schon sehr komisch, nur Roswitha und Nicole sind im Testament erwähnt. Ich weiss einfach, dass ich den Pflichtteil erhalte. Wir mussten das Protokoll lesen und unterschreiben.

Dann habe ich allen Mut zusammen genommen und Herrn Plaschy gefragt: "wie haben sie mich gefunden, ich habe ja Renata Rotzer geheissen und nun heisse ich Bettina Imhof-Aebi?" Herr Plaschy sagte, es sei schon eine Herausforderung gewesen, mich zu finden.

Ich habe nun gesagt, "ich will nichts von Pia, Das wollte ich nie, es tut mir sehr leid. Ich habe mein Mami via Internet gefunden, ich wollte nur mein Mami und meinen Papi kennen lernen. Ich wollte nie finanzielle Ansprüche stellen, das habe ich auch Pia gesagt. Mir sind die Tränen beim Sprechen die Tränen gekommen. "Ich wollte meine Wurzeln finden. Ich möchte nicht, dass Ihr wegen mir, nun ein anderes Bild von Pia bekommt, bitte behält Pia trotz mir, in guter Erinnerung."

Was muss ich nun machen, muss ich bis am 9. August 2019 einen Brief schreiben, dass ich das Erbe ausschlage? Die Anwältin sagte: "wenn das so ist, ich kann dies alles für Sie in die Wege leiten. Sie müssen mir einfach ein wenig Zeit geben." Ich antwortete: "ja, Sie alle haben nun gehört, dass ich nichts will und mir ist es Recht, wenn Sie das entsprechend in die Wege leiten."

Roswitha und Nicole hatten auch Tränen. Das hat mich ein wenig erleichtert: es geht uns allen gleich. Es ist für uns alle 3 ein sehr schwieriger Moment diese Sitzung: Testamentseröffnung. Ich spürte, Roswitha ist ein grosser Stein vom Herzen gefallen, dass ich das Erbe abgelehnt habe.

Herr Plaschy hat kurz darauf die Sitzung als geschlossen erklärt und sagte: " jetzt geht ihr aber noch zusammen etwas Trinken." Nicole sagte, "ja, das machen wir."

Wir sind nach Susten gefahren und mein Mann war auch an diesem Treffen. Nicole sagte mir, "wir müssen Dir noch etwas sagen." Ich war neugierig, was will Nicole und Roswitha noch sagen: bestimmt etwas von Pia, ich habe keine Ahnung.

Roswitha fragte mich: "ist es okay, wenn wir uns Du sagen?" Ja, sicher, sehr gerne. Im Restaurant konnten wir in der Gartenwirtschaft Platz nehmen. Ich stellte meinen Mann vor. Nicole sagte uns: "Bettina, wir müssen Dir noch etwas sagen: es gibt noch einen Bruder. Mich hat der Schlag getroffen und ich sagte spontan: "dieser Bruder lebt aber nicht mehr?" Doch, er heisst Eric, er wohnt in Frankreich und er ist 63 Jahre alt, er spricht nur französisch" Jetzt habe ich ein völlig anderes Bild, ich habe eine Halbschwester, welche 65 Jahre alt ist und ich habe einen Halbbruder, welcher 63 Jahre alt ist und ich bin noch 59 Jahre alt. Ich bin die Jüngste, Pia hatte 3 Kinder von 3 verschiedenen Vätern. 

Nicole sagte uns: "ich möchte Eric mitteilen, dass er noch eine zweite Halbschwester hat. Du kannst Dir das in aller Ruhe überlegen, ob Du das möchtest. Ich sagte darauf: "da muss ich nicht lange überlegen, sehr gerne möchte ich auch Eric kennen lernen. Nicole erzählt weiter: "er ist Arzt, er arbeitet in einem Spital. Eric ist verheiratet und sie haben 3 Kinder. Ich werde mit Eric telefonieren und von unserer Begegnung erzählen und ihm sagen, dass er noch eine 2. Halbschwester hat. Eric spricht nur ganz wenig deutsch.

Roswitha hat mir gesagt, "meine Mama hat mir nie erzählt, wer mein Papa ist." Mein Mann sagte später zu mir: vielleicht wusste Pia nicht, wer der Vater war? Mein Gedanke: war es eine Vergewaltigung von einem Verwandten oder hatte sie mehrere Beziehungen gleichzeitig, oder hat sie sich so das Geld verdient, 3 uneheliche Kinder?

Ich kann es kaum glauben, wir sind 3 Kinder. Ich bin mit einer älteren Adoptivschwester und einem älteren Adoptivbruder aufgewachsen. Und nun habe ich von Pia auch eine ältere Halbschwester, auch Jahrgang 1954 und einen jüngeren Bruder, Jahrgang 1963.

Das sind News, die muss man verarbeiten, das braucht Zeit.

Brief an Roswitha: 30. Juni 2019

Endlich ist der Zeitpunkt da und ich darf Dir schreiben. Seit Mai 2014 weiss ich, dass ich eine Halbschwester habe. Leider konnte ich unsere Mama nicht in die Arme schliessen, wir haben nur telefoniert.

Es bedeutet mir so viel, dass wir uns am 27. Juni 2019 mit Deiner Tochter begegnet sind. Ich habe einen kleinen Teil von Deiner Geschichte erfahren: Du bist 5 Jahre älter als ich und Du bist bei Deinen Grosseltern aufgewachsen. Ich denke, für Dich ist es im Moment am Schwierigsten. Du hast Dich liebevoll um unsere Mama gekümmert. Und da gibt es noch Eric und zu guter Letzt: da taucht noch ein Kind, eine Schwester auf: Renata.

Ich wünsche Dir von Herzen viel Kraft. Es braucht Zeit, wir können nicht alles verstehen. Jeder hat seine Geschichte:

- unsere Mama, Pia
- Du, Roswitha
- Eric
- Renata Rotzer - Bettina Aebi - Bettina Imhof
- Nicole

Ich bin einfach immer noch tief berührt und ich freue mich mit Euch in Kontakt zu bleiben. Ich bin dankbar und grüsse Dich und Nicole herzlich.

Bettina Imhof

Mein Bruder: Eric

Nicole erzählt mir von Eric. Er hat auch nach seiner leiblichen Mutter gesucht und er hat sie auch gefunden. Er hat Pia einige Male getroffen. Pia ist zu diesem Treffen immer nach Lausanne gefahren. Und eines Tages war es Pia nicht mehr möglich, selbständig und allein nach Lausanne zu fahren.

Im Januar 2011 plötzlich eines Tages hat Eric bei der Haustüre von Roswitha geklingelt. Sie hat die Türe geöffnet, ein Herr stand vor ihr und fragte: "sind Sie Roswitha?" Sie sagte: "ja, ich bin Roswitha?" Eric fragte, darf ich herein kommen, ich muss mit ihnen reden". Er erzählte Roswitha, dass er ein Sohn von Pia ist.

Nicole erzählt mir weiter, dass Eric nicht im Familienbüchlein von Pia eingetragen ist. Sie haben keine Ahnung, wie dies möglich war. Eric lebt in Frankreich und er ist auch Staatsbürger von Frankreich. Eric hat Jahrgang 1963, er ist verheiratet und sie haben 3 Kinder. Eric ist von Beruf Arzt.

Eric hat regelmässig mit Pia telefoniert, immer am Samstag- oder Sonntag-Abend. Plötzlich hatte Pia das Telefon nicht mehr abgenommen. Da wusste Erich, etwas stimmt nicht mehr. Er hat im Spital Brig angerufen und ihm wurde mitgeteilt, dass Pia Jerjen-Rotzer dort war. Man hat Pia den Telefon-Hörer gegeben, aber Pia sagte, "ich kenne keinen Eric, ich will mit diesem Herrn nicht sprechen."

Eric hatte Roswitha kontaktiert und gesagt, er möchte Pia im Spital besuchen. Bei älteren Menschen kann es sehr schnell gehen, bis sie sterben. Er wisse dies aus Erfahrung als Arzt. Nicole und Roswitha hatten eingewilligt und Eric konnte Pia im Spital besuchen.

Nicole sagt mir weiter: "wir möchten Eric gerne von Dir erzählen. Du kannst Dir das ja noch in aller Ruhe überlegen. Nicole sagte: "ich lege die Hand in's Feuer, Eric wird bestimmt sagen, dass er auch Dich kennen lernen möchte."

Ich sagte: "nein, da muss ich nichts nachdenken, sehr gerne möchte ich auch Eric kennen lernen." Seit dem 28. Juni 2019 weiss ich, dass ich neben meiner älteren Halbschwester auch noch einen jüngeren Halbbruder habe. Wir sind 3 Kinder von Pia, ich bin in der Mitte. Jedes Kind ist an einem anderen Ort aufgewachsen, Roswitha ist bei den Grosseltern aufgewachsen.

Was war das für ein Leben von Pia? Kein Kind hat sie aufgezogen. Wie ist sie all die Jahre damit klar geworden? Warum hat sie Renata und Eric zur Adoption frei gegeben?

Roswitha hat mir am 28. Juni 2019 gesagt: "meine Mama hat immer gesagt, Du bist ein Einzelkind." Pia hat ihre Tochter über all die Jahre angelogen. Eigentlich hatte sie auch mich und Eric angelogen.

Wir, Roswith, Nicole und ich sagten uns: "wir können alle nichts dafür". Mein Mann sagte, "heute würde ein Frauenarzt oder ein Hausarzt eine werdende Mutter anders unterstützen, sie würde Beratung erhalten."

Ich erhalte im Moment ein völlig anderes Bild von Pia. Ich habe wieder einmal mehr ein schlechtes Gewissen, dass ich Pia aufgesucht habe.

Es waren ganz bestimmt schwierige Momente für Pia, wieder an mich erinnert zu werden, an die Zeit, wo man kein Verständnis für ein uneheliches Kind hatte.$

Aber eben in den Jahren 1954, 1959 und 1963, da war alles noch anders, ein uneheliches Kind zu bekommen. Das war nicht gesellschaftsfähig, das war eine Schande. Und im Kanton Wallis, da waren die Menschen sehr katholisch.

Ich freu mich von meiner Schwester und von meinem Bruder mehr zu erfahren. Ich frage mich immer wieder, wie schaffte es unsere Mama, zwei Kinder über all die Jahre zu verschweigen. Es war bestimmt hart für sie. Und was passierte, mein Bruder suchte seine Mama und einige Jahre später wiederholt sich dies. Ich suchte auch meine Mama. Irgendwie verstehe ich jetzt, wie locker sie meine ersten Kontakte verkraften konnte. Ich habe sie mehrere Male gefragt: "belastet es Dich, wenn wir zusammen telefonieren?" Sie sagte immer: "nein, aber ich darf mich nicht aufregen wegen meinem Herz."

Wir brauchen Zeit, um diese Familiengeschichte zu verarbeiten. Nicole und Roswitha sind der Meinung, Eric und ich, wir gleichen Pia, wir sind ähnlich, wie Pia. Mein Mann findet auch, dass ich meiner Schwester ein wenig ähnlich bin.

Ich denke, es gibt weitere interessante Begegnungen und so habe ich noch einiges zu schreiben.

Warum muss ich unbedingt mein Französisch aufbessern?

Gestern Abend, am 5. Juli 2019 hat mich Roswitha angerufen. Ihre Stimme wirkte auf mich aufgestellt und sie machte mir einen selbstsicheren Eindruck. Ich war positiv überrascht, was sie mir erzählte, wie offen sie zu mir war.

Roswitha hatte Freude an meinem Brief und sie sagte: "Ich schreibe nicht gern". Sie erzählte mir zum ersten Mal von Ihrem Mann, von Bruno. "Mein Mann wurde am 22. Mai 2019 sechzig Jahre alt, er hat den gleichen Jahrgang wie Du. Er muss noch drei Jahre arbeiten und dann will er in Pension gehen."

Ich fragte Roswitha, "was macht ihr am Wochenende? Sie antwortete: "wir gehen auf die Alp, wir haben ein Maiensäss oberhalb von Agarn. Wir können mit dem Auto hinfahren. Nicole und Ihr Freund kommen auch mit. Wir laufen von dort oft zur Jagdhütte. Weisst Du, mein Mann ist Jäger. Im September ist die Jagdzeit." Da spürte ich, wie stolz Roswitha ist, das finde ich sehr schön.

Roswitha erzählte mir auch, dass ihre Tochter, Nicole, jeden Abend zu uns kommt. Und in der Mittagspause ruft sie mich auch jeden Tag an, wenn es von der Arbeit her möglich ist. Wir haben vom 27. Juli 2019 Ferien, wir fahren dann zum 4. Mal für eine Woche mit Nicole und ihrem Freund nach Samnaun. Wir lieben die Berge, das Wandern. Und dann haben wir noch eine Woche Ferien, wo wir zu Hause oder auf der Alp sind.

Ist interessant, ich und mein Mann, wir lieben auch die Berge sehr. Wir waren heute auf der Seebodenalp und wir konnten eine wunderschöne Wanderung geniessen: bei Sonne, ein wenig Wind und einige Grade kühler, als im Tal, bei einem wunderbaren Alpenpanorama und Sicht auf den Vierwaldstättersee und Zugersee.

Und nun konnte ich am Telefon noch mit Nicole spreche. Sie hatte am 1. Juli 2019 telefonischen Kontakt mit Eric. Nicole hat mir erzählt, dass sie zuerst das eine und andere gesprochen haben und dann sagte sie zu ihm: "Eric, ich möchte Dir noch etwas sagen, Du hast nicht nur Roswitha als Schwester, es gibt noch eine zweite Schwester".

Eric sagte darauf: "Nicole, ich habe deine Grossmama vor vielen Jahren einmal gefragt: "Hast Du noch weitere Kinder?" Pia sagte mir, dass es noch Renata gibt, dass Renate in Strasbourg auf die Welt gekommen ist und dass auch sie zur Adoption frei gegeben wurde. Eric hat nach dem Jahrgang von Renata gefragt. Pia antwortete: "das war Im Oktober 1958." Eric hat darauf nachgeforscht in Strasbourg. Leider habe ich Renata nicht gefunden.
Das heisst: mein Bruder Eric hat mich gesucht, das berührt mich sehr.

Eric hat Nicole gesagt, er habe später nie mehr bei der Grossmama nach Renata gefragt. Das finde ich schön, dass er nicht weiter gebohrt hat. Eric scheint eine sehr einfühlsame Person zu sein. War dies doch für Pia kein schöner Lebensabschnitt, das Jahr 1959 mit der geheimen Schwangerschaft, Geburt im Ausland und die Adoption.

Ich bin tief berührt und ich kann es kaum erwarten, bis ich mit Eric telefonieren kann. Ich bin damit einverstanden, dass Nicole meine Telefonnummer an Eric weiter gibt.

Ich fragte noch einmal nach: "Nicole, war Eric auch an der Beerdigung in der Kirche in Agarn? Ja, Eric war am Morgen eine halbe Stunde bei mir in Susten. So konnten wir kurz miteinander reden, Auch er hat respektiert, das Geheimnis von Pia. Er sass nicht bei den Verwandten, sondern wie ich, hinten in einer Kirchenbank. Nach dem Gottesdienst ist er, wie ich, wieder nach Hause gefahren. Er hat auch mit niemandem in Agarn gesprochen.

Es ist schon sehr speziell, Eric und ich, wir hatten im Stillen Abschied von Pia genommen, von unserer Mama. Es war nicht der richtige Zeitpunkt, um auf die Verwandten zuzugehen. Ich muss aber schon sagen, das war hart für mich.

Ich möchte weiterhin mit viel Respekt über unsere Mama sprechen und mit grosser Achtsamkeit auf Roswitha, Nicole und Eric zu gehen. Es beeindruckt mich sehr, wie Nicole unsere Familie zusammen führen will.

Eric ist Arzt und er möchte mit seiner Frau und seinen Kindern uns treffen. Eric arbeitet im Spital und teilweise arbeitet er auch am Wochenende. Er arbeitet in der Geriatrie. In den Sommerferien ist es schwierig, einen gemeinsamen Termin zu finden. Im September ist die Jagdzeit für Bruno, Ehemann von Roswitha und so haben wir einen Termin im Oktober reserviert: Sonntag, 13. Oktober 2019. Ich denke, es ist gut so, wir haben alle noch Zeit, um uns an die neue Familien-Situation zu gewöhnen. Nicole sagte mir, "es war für Mama schon ein Schock, als sie ca. vor einem Jahr von Dir erfahren hat."

Roswitha und ich, wir werden in telefonischen Kontakt bleiben und wie es sich bei Eric ergibt, werde ich sehen. Ich muss unbedingt meinen Wortschatz in französisch wieder aufbessern. Ich habe heute ein Lernbuch gekauft und ich bin voller Optimismus am Lernen und am Üben. Ja, dann, ich habe ein neues Ziel: ich muss so rasch als möglich mein französisch aufbessern, damit ich mit meinem Halbbruder gut sprechen kann.

Eine grosse Überraschung

Nicole hat mit mir telefonier und mir gesagt, dass sie am 1. Juli 2019 meinem Halbbruder meine Telefonnummer gegeben hat. Sie erzählt mir: "Bettina, Eric will Dich kennenlernen und er wird Dich am kommenden Sonntag-Abend anrufen."

Ich kann es kaum erwarten, bis mich Eric anruft. Wie wird die Stimme von Eric sein? Hoffentlich verstehe ich Eric, wenn er französisch spricht. Was soll ich Eric fragen? Was soll ich von mir erzählen?

Diese Woche vergeht langsam, ich denke viel an Roswitha und ganz besonders an Eric. Beim Einschlafen denke ich an meine Halbschwester und an meinen Halbbruder. Am Morgen, wenn ich erwache, die ersten Gedanken sind wieder: wer sind Roswitha und Eric? Wir haben die gleiche Mama, aber wir haben nicht den gleichen Vater.

Endlich wird es Sonntag, ich muss unbedingt gegen Abend zu Hause sein, wenn Eric anruft. Wir, mein Mann und ich, sind an der Tagesschau hören und das Telefon klingelt. Ich sagte zu meinem Mann: "das wird Eric sein." Ich nehme den Hörer ab und sagte: "Imhof." Da fragt eine etwas leise Stimme, "bist Du es, Bettina." "Ja, ich bin Bettina, bist Du es Eric?"

Es war eine grosse Überraschung, Eric spricht Deutsch, allerdings etwas langsam. Ich antwortete auf Deutsch und manchmal spreche ich einige Sätze auf Französisch. Eric erzählte mir, "ich habe nur einmal unsere Mama gefragt: "hast Du noch andere Kinder?" Pia sagte damals zu Eric: "ja, ich haben och zwei Töchter, Roswitha und Renata." Roswitha hat Jahrgang 1954 und Renata hat Jahrgang 1958. Renata wurde in Strasbourg geboren und auch zur Adoption frei gegeben, wie Du, Eric."

Eric hatte im Jahr 2008 mich in Strasbourg gesucht und leider nicht gefunden, weil ich Jahrgang 1959 habe. Er hat mich auch nicht gefunden, weil ihm das genaue Geburtsdatum fehlte. Ich bin tief berührt, dass Eric versuchte, mich zu finden.

Eric fragte mich, "wie war für Dich die erste Begegnung mit Roswitha und Nicole?" Sie sind sympathisch,  sie sind beide sehr nett. Erich erzählt mir "ich habe 3 Kinder: Marie ist 25 Jahre alt, Matthieu ist 22 Jahre alt und Julie ist 19 Jahre alt."

Ich erzählte Eric: "ich habe auch unsere Mama gesucht, immer wieder. Ich habe nach Strasbourg geschrieben, ich habe nach Gampel, Kanton Wallis geschrieben, leider nie eine Antwort erhalten."

Ich habe im Internet nach Pia gesucht und eine Adresse in Agarn gefunden: Jerjen-Rotzer Bruno und Pia. Im Mai 2014 habe ich Pia an diese Adresse geschrieben: ein Brief auf deutsch und ein Brief auf französisch. Sie hat sich innert einer Woche bei mir gemeldet, sie hat mich angerufen.

Ich habe von Pia nur vier Fotos. Ja, sie hat mir diese Fotos auf meinen Wunsch per Post gesandt. Wir hatten nur telefonisch Kontakt. Wir haben uns nie gesehen. Wir konnten uns nie in die Arme schliessen.

Eric fragte mich: "Bettina, ich möchte Dich treffen, ich komme nach Luzern. Ich möchte Dich kennen lernen. Wir können zusammen während ca. 1 Stunde Tee trinken. Ich rufe Dich in einer Woche wieder an. Du kannst es Dir in aller Ruhe überlegen. Du kannst auch mit Deinem Mann zu diesem Treffen kommen." Ich saget Eric, dass mein Mann kein Wort französisch kann.

Eric erzählte mir: "ich will deutsch lernen, auch wegen Roswitha. Ich habe ein Buch gekauft, um besser Deutsch zu sprechen. Eric wollte noch meine genaue Adresse.

Nach diesem ersten Telefon habe ich Eric ein SMS gesandt mit der genauen Adresse und ich habe ihm eine aktuelles Foto von mir gesandt (whatsap).

Ein Tag später erhalte ich auch von Eric ein Foto. Er hat mir noch geschrieben, dass er seit unserem Telefon viel an mich denkt. Oh, das freut mich sehr, denn mir geht es genau gleich. Ich denke immer wieder an Eric und auch an Roswitha. Und natürlich kreisen meine Gedanken immer wieder um unsere gemeinsame Mama. Ich habe eine ältere Schwester und einen jüngeren Bruder, einfach unglaublich.

Es ist wieder eine Woche vergangen und Eric ruft mich am Sonntag-Abend an. Wir haben nun unser Treffen vereinbart. Ich habe Eric gesagt, beim Bahnhof Luzern, dort hat es ein Parkhaus, wir treffen uns beim KKL, Europaplatz 1 im world Cafe. Ich sagte Eric, dass ich ihm die Adresse noch per SMS zustelle.

Ich habe bei diesem Telefongespräch Eric gefragt: "Kennst Du Deinen Vater?" Er antwortete: "nein, leider kenne ich meinen Vater nicht. Pia hat mir bei der Geburt keinen Namen gegeben, mein Name Eric habe ich von meinen Adoptiveltern erhalten." 

Ich bin traurig, dass Eric und Roswitha ihre Väter nicht kennen. Warum wohl? Es bleibt für uns alle ein dunkles Geheimnis.

Wir konnte Pia damit umgehen, drei Kinder und drei Väter. Und nur ein Kind hat sie gesehen, wie es aufgewachsen ist: Roswitha ist bei ihren Grosseltern in Agarn aufgewachsen. Wir dürfen darüber nicht urteilen, es war eine ganz andere Zeit. Welche Geschichte von Pia in den Jahren 1954, 1959 und 1963 im katholischen Kanton Wallis. Wie konnte sie jahrelang darüber schweigen. Nur weil Eric und ich unsere Mama gesucht haben, wurde sie von dieser schmerzvollen Zeit im Alter noch einmal eingeholt.

Ich habe grossen Respekt vor Pia und ich will mit Achtsamkeit über unsere Mutter sprechen. Ich habe Pia nie einen Vorwurf gemacht. Es ist für mich einfach sehr schwierig, alles zu verstehen. Wie schön haben wir es nun, wie unbeschwert ist die heutige Zeit.

Jeder hat eine zweite Chance verdient

Es sind zwei Tage vergangen, seit ich zum ersten Mal meinen Bruder Eric persönlich gesehen habe. Wir haben uns in Luzern getroffen. Wir hatten unseren Termin um 15.00 Uhr. Eric stand pünktlich um 15.00 Uhr beim Europaplatz und er suchte mich. Da ich ein Foto von Eric hatte, habe ich ihn sofort erkannt.

Wir sind aufeinander zu gegangen und ich sagte: "Eric, bist Du es?" Wir haben uns begrüsst und es gab eine erste Umarmung, so herzliche. Wir beide strahlten, endlich sehen wir uns, wir freuten uns sehr. Wie oft habe ich mir vorgestellt, dass ich unsere Mama so begrüssen und so umarmen könnte.

Es hat mich tief berührt, dass im Jahr 2008 Eric mich gesucht hatte. Und es bedeutet mir sehr viel, dass Eric von Frankreich nach Luzern gefahren ist, um mich kennen zu lernen. Er sagte mir, die Fahrzeit war drei Stunden, genau so lang, wie wenn er nach Agarn, Kanton Wallis, gefahren wäre.


Ich wollte seine Geschichte hören: wer waren seine Adoptiveltern? "Hattest Du gut bei deinen Adoptiveltern? Eric sagte mir, "ja, ich hatte es sehr schön bei meinen Adoptiveltern, leider war ich ein Einzelkind, das ist nicht gut." Mein Vater lebte von 1926 bis 1997 und meine Mutter, Jeannine von 1927 bis 2015.

Eric hat mir erzählt: "meine Adoptiveltern haben mir als ich sechs Jahre alt war gesagt, dass ich ein Adoptivkind bin. "Das ist ein Geheimnis, das darfst Du niemandem erzählen." Als er acht Jahre alt war, haben seine Eltern wieder über die Adoption mit Eric gesprochen: "das ist ein Geheimnis, Du darfst mit niemandem darüber sprechen." Und als er zwölf Jahre alt war, da haben seine Eltern wieder gesagt: "Eric, du darfst mit niemandem über die Adoption sprechen:" Was war das für eine Zeit? Warum durfte Eric nicht offen über die Adoption sprechen?

Eric erzählte mir, dass er niemandem davon erzählt hat. Als seine Frau das erste Baby erwartete, da hat er seiner Frau von der Adoption erzählt. Seinen drei Kindern hat erst vor ca. zwei Jahren von der Adoption und von unserer Mama erzählt. Das ist einfach unglaublich.

Eric sagte mir, wie er unsere Mama gesucht hat im Jahr 2007. Er war bei einer Adoptionsstelle in Genf. Er hatte dort ein angenehmes Gespräch mit einer Frau. Sie suchte daraufhin in den Akten nach Pia. Und es gab kurze Zeit später eine erste Begegnung mit Pia und Eric im Büro von dieser Adoptionsstelle.

Eric erzählte mir weiter, wie er seine Mama immer in Lausanne getroffen hat. Sie ist immer mit dem Zug nach Lausanne gereist. Im Juni 2010 auf der Heimreise ist Pia dumm gestürzt und hatte die Schulter verletzt. Sie musste nicht operieren, aber sie hatte sehr lange Schmerzen. Nach diesem unglückliche Ereignis wollte Pia nicht mehr nach Lausanne kommen. Sie hatte ab Juni 2010 nur noch telefonischen Kontakt mit Eric, immer am Wochenende. Pia wollte nie, dass Eric sie in Agarn besucht, auf keinen Fall. Sie hatte zu grosse Angst, dass im Dorf Eric gesehen wird und dass es dann Fragen geben würde.

Eric hat mir gesagt: "ich habe mit Mama immer französisch gesprochen, sie sprach perfekt französisch, fliessend, ohne Fehler." Eric meinte, Pia hatte diese Sprache bei ihrer Arbeit im Service gelernt. Er war aber positiv überrascht, dass sie nach so vielen Jahren immer noch so gut französisch gesprochen hat.

Und nun erzählt mir Eric, wie er im Januar 2011 nach Agarn gefahren ist und er unangemeldet bei der Wohnungstüre von Roswitha klingelte. Zum guten Glück war auch der Ehemann von Roswitha zu Hause. Eric erzählte, dass er ein Sohn von Pia ist.

Roswitha sagte: "nein, das kann nicht sein, ich habe meine Mama im Jahr 1963 nie schwanger gesehen:" Ihr Mann, Bruno sagte: "schau diesen Mann an, das ist ein typischer Rotzer, wie er mit dem Kopf durch die Wand geht, sieh seine Augen an, das ist ein Rotzer:" Leider hatte Roswitha keinen Kontakt zu Eric gewünscht. Erst im Jahr 2015 hat sich die Tochter von Roswitha und Bruno bei Eric gemeldet. Die Eltern wollten Nicole damals nichts sagen, weil sie in der Ausbildung war und weil Nicole sehr viel lernen musste. Nicole spricht perfekt französisch, sie spricht auch bei der Arbeit französisch und deutsch. Eric konnte regelmässig mit Nicole telefonieren.

Und nun hat auch Pia erfahren, dass Eric in Agarn war und seine Schwester besuchte. Pia war sehr verletzt, sie sagte zu Eric: "Du hast mich verraten." Sie weinte am Telefon und es war für Eric sehr schwierig, wieder einen guten Draht zu seiner Mama zu finden. Es brauchte viel Zeit, bis sich Mama wieder beruhigt hat.

Eric wollte seine Mama anrufen, wie jedes Wochenende, aber leider war niemand zu Hause. Mehrere Wochen immer wieder versuchte Eric, seine Mama telefonisch zu erreichen. Da dachte er, jetzt ist etwas passiert. Ist Pia gestorben oder ist sie im Spital. Er öffnet eine Schweizerkarte und sucht im Kanton Wallis Adressen von Spitäler. Er ruft überall an und im Spital Brig heisst es: "ja, hier ist Pia Jerjen-Rotzer." Eric wird verbunden, eine Krankenschwester will Pia den Telefon Hörer geben. Im Hintergrund hört Eric Stimmen. Pia hatte gerade Besuch. Pia sagte: "ich kenne keinen Eric" und der Telefon Hörer wird abgelegt. Unglaublich, Pia will nicht mehr mit ihrem Sohn reden.

Jeder hat eine zweite Chance verdient. Eric musste respektieren, dass Pia keinen Kontakt mehr wollte. Auch Eric war im Gottesdienst, an der Beerdigung von Pia. Ich erzählte Eric, "ich war auch in der Kirche, ich setzte mich ganz hinten in einen Bank. Eric sagte mir "ich war mit meiner jüngsten Tochter, Julie in der Kirche". Wow, wenn ich das gewusst hätte, dass Du auch im Gottesdienst warst". In diesem Moment spürte ich, wie mein Herz klopft.

Und nun, haben wir drei Kinder von Pia eine zweite Chance verdient, wir können uns kennen lernen. Es öffnen sich neue Fenster in unserem Leben.

Was denkt wohl Pia, da oben im Himmel? Ich hoffe ganz fest, sie sieht es und sie freut sich mit uns.

Mein Leben ist wie ein Puzzle

Ich habe immer wieder für ich einen Stammbaum gezeichnet und die Namen eingetragen. Die Namen Aebi und Lüthy von meinen Adoptiveltern, meine Onkel und Tanten, meine  Cousinen und mein Cousin.

Es waren viele kleine Teile, aber ein grosser Teil fehlte. Die Teile von meinem leiblichen Mami und meinem leiblichen Vater.

Wie oft habe ich nach Pia Rotzer gesucht? Der Name von meinem Vater kenne ich nicht, er ist gestorben, als meine Mama im dritten Monat schwanger war mit mir. So ein grosses Schicksal für meine Mama, aber auch für mich.

Mein Grossvater (von meinem Vater) war Italiener und meine Grossmutter Schweizerin. Als mir das Pia erzählte, da hatte ich endlich eine Bestätigung. Ich habe immer wieder gesagt, ich habe italienisch Blut in mir, wegen meinem Temperament.

In der Zwischenzeit ist meine Mama gestorben und ich hatte die Chance erhalten, meine Halbschwester kennen zu lernen. Es bedeutet mir sehr viel, dass ich Kontakt zu Roswitha haben kann. Allerdings ist es nicht so einfach in ein Gespräch zu kommen, Fragen zu stellen. Ich möchte Roswitha nicht verletzen.

Gestern hat mich Roswitha angerufen. Sie wollte mir kurz Hallo sagen, bevor sie für zwei Wochen in den Ferien ist. Ich muss mich immer noch gut konzentrieren, wenn Roswitha im Dialekt spricht, im Walliser Deutsch.

"Roswitha, ich möchte Dir noch kurz erzählen, wie unser Treffen mit Eric war. Es war so schön, wir waren zwei Stunden zusammen. Eric hat sich gut auf das Gespräch vorbereitet, er spricht zu meinem Erstaunen gut deutsch. Ich habe einige Male auf französisch geantwortet. Seine Tochter, Julie hat ihn auf der Reise nach Luzern begleitet."

Eric hat mir von einigen Verwandten erzählt "Roswitha, ich habe nicht alles von Eric verstanden. im Zusammenhang mit den Verwandten."

Ich habe eine Frage: "Pia hatte eine Schwester Yvonne, welche gestorben ist. Hatte Yvonne Krebs? In welchem Jahr ist Pia gestorben? Lebte Yvonne auch in Agarn?" Roswitha erzählt mir von Yvonne, sie hatte Lungenkrebs und sie schaut nach: Yvonne ist am 12.12.2007 gestorben. Ja, sie wohnte in Agarn. Pia hatte ein gutes Verhältnis zu ihrer Schwester Yvonne.

Roswitha erzählt mir von den fünf Geschwistern von Pia. Ich hörte die Namen: Yvonne, Paula, Josef, Vitus und Robert. Sie erzählte mir, wie viele Kinder diese haben und teilweise erwähnte sie die Jahrgänge von diesen Kindern und wo diese Kinder wohnen.

Es lebt nur noch eine Schwester von Pia: Paula. Roswitha sagte mir "ich habe vor kurzem mit Paula telefoniert und wir haben uns später getroffen. Ich habe Paula Deine Telefonnummer gegeben. Möchtest Du auch die Telefonnummer von Paula?" "Ja, gerne, vielen herzlichen Dank, Roswitha, so lieb von Dir."

Roswitha erzählte mir, dass sie Paula noch vor dem Tod von Pia von mir erzählte. Paula und ihr Mann haben Pia auch im Pflegeheim besucht. 

Ich habe mich nun gefragt, kann ich einfach Paula anrufe? Bestimmt hat auch Eric bereits Kontakt mit Paula. Ich habe mich entschlossen, ich schreibe einen kurzen Brief an Paula und ihren Mann. Und ich warte einige Tage, wenn ich keinen Anruf von Paula erhalte, so werde ich mich telefonisch melden. Ich bin mir bewusst, es sind ältere Menschen, also will ich vorsichtig und langsam nachfragen.

Roswitha sagte mir noch: "ich wollte immer mit Mama über ihren Sohn Eric reden, Mama wollte das nie". Roswitha sagte noch ganz energisch: "ich kann dies nicht akzeptieren, dass Mama nichts von Eric und von Dir gesagt hat. Pia war sich nicht im Klaren, sie war sich nicht bewusst, welche Konsequenzen dies hat." Ich sagte darauf zu Roswitha: "ja, das ist sehr verletzend." Ich sagte noch: "ich denke, es war zu dieser Zeit eine Schande, wenn man ein uneheliches Kind hatte. Ich denke, Pia schämte sich." Oh, das tut mir alles so leid für Roswitha. Sie konnte in der Umgebung von ihrer Mama aufwachsen, bei ihren Grosseltern, welche auch in Agarn wohnten. Sie war immer für Mama da und im Jahr und im Jahr 2011 erfährt sie von Eric und später erfährt sie noch von mir.

Eric hat noch vom Urgrossvater erzählt. Er hat ein zweites Mal geheiratet und es gibt aus dieser Beziehung einen Onkel Alfred, Jahrgang 1930. Pia hatte Jahrgang 1934 und Onkel Alfred war der einzige von den Verwandten, welcher von Eric un von Renata wusste. Roswitha hat davon noch nie etwas gehört. Sie sage mir, "es kann schon sein, dass Eric mehr weiss, als ich." Uf, uf, ich erzähle nicht mehr weiter, was mir Eric von Onkel Alfred erzählte. "Roswitha, ich möchte Dich nicht verletzen." Roswitha sagte darauf, "ich kann Dir schon von der Verwandtschaft erzählen, was ich weiss."

Eric hat mir erzählt, dass Onkel Alfred spürte, dass es Pia nicht gut geht. Er hat sie gefragt und Pia erzählte ihm, dass sie schwanger sei und sie nicht wisse, wohin sie gehen soll. Ihre Eltern haben gesagt, nachdem Roswitha auf die Welkt kam, bringe nie mehr ein Kind nach Hause. Pia war zwanzig Jahre alt, als Roswitha geboren wurde. Onkel Alfred hat Pia geholfen, sie konnte ab dem 6. Schwangerschaftsmonat mit Eric in Lausanne in einem Chalet leben bis zur Geburt. Onkel Alfred hat Pia geholfen, dass sie Eric zur Adoption frei geben konnte. Die Verwandten meinten, dass Pia in Lausanne im Service arbeitete. Eric sagte mir auch, dass nur Onkel Alfred von Eric und von Renata wusste. Das ist einfach unglaublich. Wie schwer war dies, all die Jahre für Pia, ein Geheimnis von zwei unehelichen Kindern zu haben. Onkel Alfred lebt nicht mehr, er starb im Jahr 1995.

Mein Leben ist wie ein Puzzle, viele kleine Teile fehlen. Wie lange wird es gehen, bis ich ein vollständiges Bild habe? Ein Puzzleteil wird immer fehlen: von meinem Vater und seiner Familie. 

Ich bin so glücklich, dass ich meine Schwester Roswitha und meinen Bruder Eric gefunden habe. Ich bin immer noch tief berührt, ich musste 59 Jahre warten, bis ich endlich meine Schwester und meinen Bruder in meine Armen schliessen konnte, einfach wow.

Mein Leben ist wie ein Puzzle-Spiel. Langsam entsteht mein Lebensbaum, wo meine Wurzeln sind.

Ich fühle mich "wie im siebten Himmel"

Heute ist Sonntag-Abend, 18. August 2019. Wir haben einen wunderbaren Sommertag erlebt, wir waren im Aegerital. Das Thermometer ist auf 30 Grad gestiegen. Ist es der letzte heisse Tag in diesem Jahr?

Seit drei Wochen weiss ich, dass mich heute Abend mein Bruder Eric anrufen will. Die Vorfreude ist gross. Eric war in den Ferien und nun wird er sich bei mir melden. Um 17.30 Uhr erhalte ich ein WhatsApp von Eric, "darf ich dich um 20.30 Uhr anrufen oder am Montag-Abend?" Ich schreibe Eric zurück, wohlverstanden auf französisch "Du darfst mich heute Abend anrufen, auf bald."

Ich habe die letzten Wochen einige Male auf französisch geschrieben, was ich gerne Eric erzählen möchte. Heute habe ich diese Sätze gelesen. Ich kann es kaum erwarten, bis Eric anruft. Ich freue mich, seine Stimme zu hören.

Endlich klingelt das Telefon, "Salut Eric, wie geht es Dir? Hattest Du schöne Ferien?" Eric erzählt mir, dass er eine Woche am Meer war und dass sie schöne Ferientage hatten.

Und nun erzähle ich Eric, "ich habe vor drei Wochen mit Roswitha telefoniert, sie hat mir von den Geschwistern von Pia erzählt und wie die Kinder  heissen. Es war für mich interessant, von meinen Tanten und Onkeln sowie von Cousin und Cousine zu hören "Eric, Roswitha hat mir die Telefonnummer von Tante Paula gegeben." Pia hatte fünf Geschwister, Paula, ist die einzige, welche noch lebt.

"Eric, ich habe Tante Paula und Onkel Erwin geschrieben, darauf habe ich eine Karte von Paula und Erwin erhalten" Sie werden am 13. Oktober 2019 an unser Familientreffen kommen. Ich habe mit Paula und Erwin telefoniert. Paula hatte keine Zeit, sie hatte Wäsche und musste für die Ferien packen. Aber ich konnte mit Erwin sprechen. Er ist sehr offen und sehr freundlich. Es war so schön, mit ihm zu reden.

Erwin erzählt mir, wie sie von Roswitha erfahren hatten, dass sie einen Bruder Eric hat. Er sagte weiter, "ich verurteile nicht, dass Pia einen unehelichen Sohn hat, aber ich verurteile, dass Pia, nichts den Menschen sagte, welche jeden Tag um sie herum waren". Erwin erzählte, dass es damals keine Verhütung gab, sprich die Pille zur Verhütung. Man hätte damals Pia im kleinen Dorf Agarn verstossen. Er sagte auch noch, es war die Pflicht vom Richter, alle Kinder von Pia zu suchen.

Ich sagte Erwin, "vielen herzlichen Dank für die Karte, ich habe mich so sehr gefreut. Es ist nicht selbstverständlich, dass ich mit euch in Kontakt kommen darf."

Ich fühle mich bei Euch allen Willkommen. Dieses Gefühl hat mir viele Jahre in meinem Leben gefehlt. Ich war kein Wunschkind, ich wurde zur Adoption frei gegeben. Das ist eine grosse und persönliche Verletzung.

"Eric, hast Du die Telefonnummer von Paula und Erwin? Du darfst auch Paula und Erwin anrufen." Eric sagte mir darauf "ja, Nicole hat mir die Nummer gegeben. Ja, ich werde Paula anrufen und ich will sie besuchen."

Eric sagt noch "es war schön, unser Treffen am 22. Juli 2019 in Luzern. Wir haben uns zum ersten Mal gesehen und wir konnten so gut über alles sprechen. Ich möchte dich wieder treffen, aber das nächste Mal in Lausanne." Ich sagte Eric, "das ist eine gute Idee, ich komme gerne nach Lausanne, ich habe viel Zeit. Eric, du bist mein Bruder."

Seit dem 27. Juni 2019 weiss ich, dass ich nicht nur eine ältere Schwester habe, sondern auch noch einen jüngeren Bruder. Die ersten Telefon-Kontakte und die ersten Begegnungen waren einfach unbeschreiblich, sie waren wunderbar. Wir hatten Freude, wir waren neugierig. Wir sind uns nicht fremd, wir spüren, wir sind Geschwister. Wir haben die gleichen Augenbrauen, die gleiche Augenfarbe und teilweise den gleichen Charakter. Wir wollen manchmal mit dem Kopf durch die Wand.

Ehrlich gesagt, ich fühle mich, wie verliebt. Ich schwebe auf Wolke sieben, ich bin so glücklich, ich fühle mich wie im siebten Himmel.

Indisches Sprichwort:

"Solange die Kinder klein sind, gib ihnen Wurzeln,
  wenn sie älter werden, gib ihnen Flügel"

Mein Leben hat nicht gut gestartet. Ich war kein Wunschkind. Mein Papi ist gestorben, als meine Mama im dritten Monat schwanger war. Sie wollten heiraten, ich war ein uneheliches Kind. Meine Mama lebte damals im Kanton Wallis, dort war man im Jahr 1959 sehr katholisch. Es ist ein kleines Dorf, wo meine Mama lebte. Da kennt man sich und wird auch beobachtet.

Meine Mama hat mich im Ausland geboren, in Frankreich, in der grossen anonymen Stadt Strasbourg. Sie lebte dort bei einer Freundin. Sie konnte dort gratis wohnen. Während meine Mama arbeitete, hat diese Freundin zu mir geschaut. Meine Mama wurde krank, sie war lang im Spital. Sie hatte nach meiner Geburt Depressionen.

Und so bin ich in ein Kinderheim in der Westschweiz gekommen. Dieses Heim wurde von Klosterfrauen geführt. Man suchte für mich einen Pflegeplatz in einer Familie. Ich habe mich immer wieder gefragt: ich bin in Strasbourg geboren, ich war in einem Kinderheim in der Westschweiz:  spricht meine Mama französisch oder deutsch?

Nach Weihnachten 1960, Ende Dezember 1960, haben mich meine Pflegeeltern im Kinderheim besucht und mich nach Hause genommen, in einem wunderschönen Ort, auf dem Land, in der Innerschweiz. Ich war 14 Monate alt und ich hatte Rachitis und ich habe viel geweint.

Mein Adoptivmami hatte sehr viel Geduld und hatte mich gut gepflegt. Ich bin mit einer Schwester und einem Bruder aufgewachsen. Wir wohnten in eine sehr grossen Haus und wir hatten auch einen wunderbaren und grossen Garten.

Ich hatte alles, zu essen, Kleider und liebe Eltern. "Solange die Kinder klein sind, gib ihnen Wurzeln". Ich denke, dies habe ich von meinen Adoptiveltern erhalten. Mit 6 Jahren habe ich erfahren, dass wir alle drei, Adoptivkinder sind. 

Ich wurde mit 14 Monaten, wie ein Baum verpflanzt. Ich hatte grundsätzlich eine schöne Kindheit. Aber ich habe mich nicht wohl gefühlt, in diesem grossen Haus. Als ich in die Primarschule kam, da durfte ich nicht mit Bauernkindern zusammen sein. Ich durfte nur mit der Familie Haldimann und Familie Buchecker zusammen sein.

Herr Haldimann war der Buchhalter in der Firma von unserem Vater. Herr Buchecker war auch Unternehmer, wie mein Adoptivvater.

Als Kind wollte ich ein liebes Kind sein. Das ist mir mit meiner Fröhlichkeit gelungen. Ich war das Lieblingskind, dies sagte mir später mein Adoptivmami. Mein Adoptivvater sagte oft: " Du, Bettina, Du bist ein Schalk" Ich habe viele schöne Erinnerungen von der Zeit  während meiner Kindheit.

Als Jugendliche wollte ich meine Mama kennen lernen. Meine Schwester sagte, "über die Adoption spricht man nicht." Mein Bruder meinte, "das interessiert mich nicht." Ich war die einzige, ich war der Rebell.

Ich wurde immer vertröstet mit den Worten: "Du hast es gut bei deinen Adoptiveltern" Meine Adoptiveltern wurden immer bewundert, dass sie drei Kinder angenommen haben.

Trotzdem habe ich mich in dieser Umgebung nicht wohl gefühlt. Das grosse Haus, die antiken Möbel, die wertvollen Bilder. Es sah dort aus, wie in einem Museum. Wir mussten immer still sitzen und zu allem sehr Sorge tragen. Wenn ein Teller oder ein Glas aus Versehen zerbrach, dann war dies ein Drama, weil es so wertvolles Geschirr war.

Es war im Haus alles so steril, wie in einem Spital, so sauber, kein Staub zu sehen. Meine Adoptiveltern waren vornehme Menschen. Mein Mami hatte ihre Kleider von einer Schneiderin genäht, die Stoffe selbst ausgesucht. Schon als Kind in der Primarschule hatte ich Mühe, mit den vielen Geschenken an Weihnachten. Ich habe mich schon gefreut über Geschenke, aber unter dem Tannenbaum waren so viele verpackte Geschenke.

Heute, bin ich, wie als Kind, sehr bescheiden. Ich habe nicht viel Kleider und Schuhe. Ich trage auch wenig Schmuck. Mein Mann isst ein Bauernsohn, auch sehr bescheiden.

"Solange die Kinder klein sind, gib ihnen Wurzeln." Meine Wurzeln sind im Wallis bei einfachen Eltern und Grosseltern. Ich wurde verpflanzt, wie ein Baum Ich habe immer wieder meine Wurzeln gesucht.

"Solange die Kinder klein sind, gib ihnen Wurzeln, wenn sie älter werden, gib ihnen Flügel". Und so bin ich mit Flügel in die neue Welt hinaus. Einige Jahre war die Familie von meinem Firmgotti meine vertraute Familie.

Später habe ich eine neue Familie gefunden, ich habe im Jahr 2003 meinen Mann kennen und lieben gelernt. Mein Mann hat aus erster Ehe drei Kinder. Wir haben fünf Grosskinder.

Nach vielen Jahren, im Jahr 2019 habe ich endlich meine Familie gefunden, meine Halbschwester und meinen Halbbruder, meine Familie im Kanton Wallis.

Mein erster Besuch

Ich würde so gerne Roswitha kennen lernen und sie im Wallis besuchen. Ich habe ihre Tochter, Nicole gefragt: "was meinst Du, wenn ich mich mit Roswitha in der Region Agarn zu einem Mittagessen treffe?" Nicole sagte mir, "meine Mama wird sich bestimmt freuen."

Ich habe drei Tage später Roswitha einen Brief geschrieben und ihr den Vorschlag gemacht, dass ich sie gerne zum Mittagessen treffen möchte. Ich komme gerne mit dem Zug in's Wallis.

Nach einer Woche habe ich Roswitha angerufen und wir konnten einen Termin in Visp vereinbaren. Am 6. September 2019 bin ich nach Visp gefahren. Es ist ein spezieller Tag für mich, einerseits hat unser Bruder Geburtstag, anderseits freue ich mich, Roswitha zum zweiten Mal zu sehen.

Wie soll ich das Gespräch führen? Ich möchte vor allem erfahren, wie Roswitha aufgewachsen ist, wo sie gearbeitet hat? Ich möchte so wenig, wie möglich, Fragen von unserer Mama stellen. Gelingt mir dies?

Ich bin gut in Visp angekommen und Roswitha hat beim Bahnhof auf mich gewartet. Wir haben uns umarmt und gegenseitig gefragt: "wie geht es dir?" Es war 11.05 Uhr und Roswitha macht den Vorschlag: "trinken wir zuerst zusammen einen Kaffee?" Gute Idee und wir gehen in der Nähe vom Bahnhof in eine Bäckerei. Wir bestellen uns etwas zum Trinken. Roswitha bestellt einen Hagenbutten-Tee mit Orangensaft. Das habe ich noch nie getrunken, ist das fein? Und so kommen wir locker in's Gespräch. Roswitha, Du bist in Agarn aufgewachsen und du lebst heute noch in Agarn. Ja, meine Grosseltern waren Bauern, sie hatten zwei Kühe, ein Kalb, Hühner. Seid ihr Selbstversorger gewesen? Ja, wir waren Kleinbauer. Das Bauernhaus steht immer noch, aber es ist alt und nicht mehr bewohnbar. Es gehört mir, ich werde es dir zeigen, wenn wir unser Treffen am 13.10.2019 haben. Roswitha erzählt, dass sie mit einem Cousin und zwei Cousinen aufgewachsen ist, mit Helmut, Manuela und Bettina. Die Mutter von diesen Kindern war Yvonne, sie ist eine Schwester von unserer Mama, Pia. Wie schön, in der Familie Rotzer gibt es auch eine Bettina, ist sympathisch.

Du hast die Schule in Agarn besucht? Ja, und nach der Schule habe ich im Konsum gearbeitet und später arbeitete ich in einer Fabrik. Dort wurden Brillen hergestellt. Da bist Du handwerklich begabt? Nein, es war nicht schwierig, dort an Maschinen zu arbeiten. 





























































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